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Warum sich aggressiver Humor für CEOs (leider) auszahlt

Vorstandsvorsitzende (CEOs) können das Ansehen ihres Unternehmens nach außen steigern, indem sie auf bestimmte Typen von Humor setzen. Das ist ein Ergebnis einer internationalen Studie, geleitet von Wirtschaftswissenschaftlern der Universität Passau. Von Prof. Dr. Andreas König

Kabarett-Bühne im Passauer Scharfrichterhaus, wo bisweilen auch das Verhalten von Vorstandsvorsitzenden satirisch aufgearbeitet wird. Symbolbild: Uli Schwarz

Dass Humor eine enorme zwischenmenschliche Wirkung hat, ist in der Psychologie gut untersucht. Umso mehr erstaunt es, dass dieser Faktor in der Kommunikation des Spitzenmanagements weitgehend unerforscht ist. Hier setzt unsere Studie „Good Fun or Laughingstock? How CEO Humor Affects Infomediaries' Social Evaluations of Organizations” an, die in dem international renommierten Fachjournal Academy of Management Review erschienen ist. Wir entwickeln darin ein Modell, wie sich die Verwendung von verschiedenen Typen von Humor durch Vorstandsvorsitzende (CEO-Humor) auf das Ansehen ihres Unternehmens unter Informations-Intermediären wie Journalisten oder Analysten auswirkt.

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Arten von CEO-Humor und ihre Wirkung

Aufbauend auf etablierten Studien zu Humor im Allgemeinen unterscheiden wir vier Typen von CEO-Humor. Zwei davon sind positiv:

In unserer Studie argumentieren wir, dass beide Arten von positivem CEO-Humor eine positive Wirkung haben. Zum einen wirken sie sich direkt positiv auf mentale und emotionale Zustände („States of Mind“) von Informationsintermediären aus. Zum anderen entspricht positiver CEO-Humor tief verankerten Rollenerwartungen an CEOs. Aufgrund dessen stärkt er nicht nur die gefühlsmäßige Verbundenheit von Journalisten oder Analysten mit dem Unternehmen, sondern steigert auch die Erfolgserwartungen an das Unternehmen und die Legitimität der durch die oder den CEO geführten Organisation.

Besonders spannend wird es bei den negativen Typen von CEO-Humor:

  • Selbsterniedrigender CEO-Humor. Der oder die CEO macht sich über eigene Schwächen lustig und erniedrigt damit seine eigene Position. Ein Beispiel lieferte Ryanair-CEO Michael O-Leary, als er auf die Frage antwortete, ob er bald in Rente gehen werde. O-Leary erwiderte, dass keine Person, die mit ihm zusammenleben müsse, diesbezüglich Druck ausüben würde. Diese Form von Humor ist insofern interessant, als sie gesellschaftlich gern gesehen ist. Corporate Communication Beratungen und Leadership Coaches raten Führungskräften oft dazu, Schwächen zu zeigen, um Nähe herzustellen. Bei CEOs, so argumentieren wir, verhält sich das anders.
  • Aggressiver CEO-Humor. Hier erniedrigt der oder die CEO andere, indem er sich auf deren Kosten lustig macht. Auch hierfür liefert Elon Musk viele Beispiele. Interessant ist, dass ihm dies in der Bewertung seiner Fähigkeit als Top-Executive offensichtlich nur teilweise geschadet hat. In der Tat, obwohl aggressiver Humor gesellschaftlich nicht akzeptabel ist, kann er im Falle von CEOs sogar deren Position und die Erfolgserwartungen an das Unternehmen stärken.

Der Grund, weshalb beide Arten von negativem Humor bei CEOs anders als erwartet und/oder gewollt wirken könnte, liegt unserer Ansicht nach in den Rollenerwartungen, die wir an CEOs haben. CEOs haben einen herausgehobenen sozialen Status und sollen zeigen, dass sie über den Dingen stehen. Selbsterniedrigender Humor widerspricht diesem Bild. CEOs können durchaus das eine oder andere Mal Schwächen zeigen. Doch wer dies zu oft tut, dessen Organisation bestraft sowohl der Aktienmarkt als auch die Presse durch negativere Bewertungen und Beschreibungen.

Mit unserer Studie wollen wir keinesfalls sagen, dass CEOs auf aggressiven Humor setzen sollen. Vielmehr wollen wir darauf hinweisen, dass diese Form von Humor anders wirkt als bislang angenommen.

Prof. Dr. Andreas König, Universität Passau

Aggressiver CEO-Humor wiederum verstößt gegen gesellschaftliche Normen, verletzt insbesondere die Vorbildfunktion von CEOs. Daher wirkt sich aggressiver CEO-Humor negativ auf die wahrgenommene – und in Analystenreports und Presseberichten portraitierte – Legitimität der Organisation aus. Allerdings können wir argumentativ zeigen, dass sich diese Form von CEO-Humor leider auch auszahlt – zumindest für Bewertungen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Aggressiver Humor ist ein Machtakt, der hierarchische Positionen festigt und soziale Distanz vergrößert. Wie wir zeigen, spricht viel dafür, dass Informations-Intermediäre dies – bedauerlicherweise – als Zeichen der Durchsetzungsfähigkeit der CEOs wahrnehmen.

Dahinter steckt ein ellenbogenartiges Führungsrollenverständnis, wie es zum Beispiel die Leadership-Forschung von Alice Eagly für zahlreiche kulturelle Kontexte belegt. Die US-amerikanische Psychologie-Professorin weist in mehreren Studien nach, dass die Rolle der oder des CEO noch immer mit Begriffen verbunden wird, die traditionell als „männlich“ wahrgenommen werden. Dazu zählen Adjektive wie aggressiv, ehrgeizig, dominant, energisch. Diese Assoziationen sind erstaunlich stabil, nicht nur über Kulturen, sondern auch über die Zeit hinweg, und haben sich jüngst sogar noch weiter verfestigt. So bedauerlich es auch ist, aber nach wie vor herrscht ein ellenbogenartiges Führungsrollenverständnis, das der Kapitalmarkt – und auch die Medien – belohnen.

Mit unserer Studie wollen wir keinesfalls sagen, dass CEOs auf aggressiven Humor setzen sollen. Vielmehr wollen wir darauf hinweisen, dass diese Form von Humor bei CEOs anders wirken kann als bislang angenommen. Es ist wichtig, sich dieser Mechanismen bewusst zu werden – sowohl für anknüpfende Forschung, als auch um starre Rollenvorstellungen aufzuweichen und langfristig ändern zu können.

Prof. Dr. Andreas König

Prof. Dr. Andreas König

forscht zu organisationalem Wandel und Kommunikation von Führungskräften

Wie reagieren etablierte Organisationen und deren Führungskräfte auf digitale Transformation?

Wie reagieren etablierte Organisationen und deren Führungskräfte auf digitale Transformation?

Prof. Dr. Andreas König ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Strategisches Management, Innovation und Entrepreneurship sowie Sprecher des DFG-Graduiertenkolleg 2720: "Digital Platform Ecosystems (DPE)" an der Universität Passau. Seine Forschungsergebnisse werden in weltweit führenden wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht, darunter das Administrative Science Quarterly, der Academy of Management Review und Research Policy.

Über das Autoren-Team

Die Studie wurde von Prof. Dr. Andreas König, Top-Management-Forscher an der Universität Passau, sowie seinen ehemaligen Doktoranden Dr. Benno Stöcklein und Dr. Dominik Bong geleitet. Ko-Autoren sind zudem Prof. Nathan J. Hiller, PhD (Florida International University) und Professor Cecily D. Cooper, PhD (University of Miami).

Die Studie entstand im Rahmen eines DFG-geförderten Forschungsprojekts zu Humor von Top-Führungskräften von Prof. Dr. König und Prof. Dr. Björn Schuller (TU München / Imperial College London). Neben der konzeptionellen Arbeit geht es dem Team darum, Humor in der externen Kommunikation von Führungskräften maschinell mit Hilfe von Algorithmen und multimodal zu erfassen und zu messen. Hierzu verwendet das Team unter anderem Pressekonferenzen von Fußball-Trainern.

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