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„Passau war ein idealer Ort für mich“

40 Jahre, nachdem Marc Van de Velde als erster Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Universität Passau forschte, kehrt er wieder einmal zurück in die Stadt, in der er bis heute Freundschaften pflegt. Unter anderem mit Prof. Dr. Hans-Werner Eroms, der ihn damals an seinem Lehrstuhl betreute. Von Nicola Jacobi

Prof. Dr. Marc Van de Velde (re.) und Prof. Dr. Hans-Werner Eroms (li.) vor der Bibliothek im Nikolakloster. Foto: Benedikt Kuhnen.

Sprachwissenschaftler unter sich. Wenn sich der belgische Linguist Marc Van de Velde und der emeritierte Professor für deutsche Sprachwissenschaft der Universität Passau Hans-Werner Eroms treffen, erinnern sie sich immer wieder gerne an die Zeit, in der sie sich kennengelernt haben. Es waren die Linguistischen Kolloquien, die sie Ende der 70er Jahre an verschiedenen Orten zusammengeführt haben. „Damals herrschte eine Aufbruchstimmung in der Linguistik“, erinnert sich Eroms. „Junge Sprachforscher wie wir haben angefangen, neue Themenbereiche zu erschließen. Es ging nicht mehr nur um Grammatik, die Pragmatik, die gesprochene Sprache in unterschiedlichen Kontexten, stellte ein neues spannendes Forschungsfeld dar.“

Das Besondere an der Humboldt-Familie ist, dass alle miteinander in Verbindung bleiben

Prof. Dr. Hans-Werner Eroms

Erster Humboldt-Stipendiat der Universität Passau

Diese gemeinsamen Forschungsinteressen und die regelmäßigen Begegnungen führten schließlich dazu, dass sich Marc Van de Velde, der inzwischen promovierter Germanist an der Universität in Gent war, um ein Forschungsstipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung bewarb. Ziel: die junge Passauer Universität, an der Hans-Werner Eroms im Jahr 1980 auf den Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft berufen worden war. 1983, vor 40 Jahren, zog Van de Velde mit seiner Familie, seiner Frau und zwei kleinen Söhnen, nach Passau. Nicht nur mit vielen Ideen und Fachbüchern im Gepäck, sondern – typisch belgisch – auch einer Fritteuse für Pommes frites.

Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch begrüßte die beiden inzwischen emeritierten Professoren.  Foto: Benedikt Kuhnen

Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch begrüßte die beiden inzwischen emeritierten Professoren. Fotos: Benedikt Kuhnen

Der Belgier war damit der erste Stipendiat der Humboldt-Stiftung, der an der Universität Passau forschte. Fast zwei Jahre blieb die Familie schließlich hier. „Im Rückblick gesehen war Passau für mich und meine Familie der ideale Ort“, sagt er bei einem Rundgang über den Campus. „Wir haben uns hier sehr wohl gefühlt. Ich fand an der Universität einen engagierten Betreuer und viele Anregungen für meine Forschungsarbeit, und privat wurden wir von unserer Nachbarschaft herzlich aufgenommen.“

Von Kollegen zu Freunden

Van de Velde ist „ein absoluter Spezialist für Fragen der Wortstellung“, so zumindest beschreibt ihn sein ehemaliger Betreuer Hans-Werner Eroms und fügt hinzu: „Die Wortstellung ist ein zentrales Kapitel der Linguistik. Wie werden in einer Sprache die Satzglieder angeordnet und warum ist das so? Diese Frage ist essenziell für eine Sprache.“ Das Deutsche sei ein typisches Beispiel für recht komplizierte Wortstellungsregeln. Van de Velde, der an der Hochschule für Übersetzen und Dolmetschen der Provinz Ostflandern lehrte, ergänzt: „Beim Dolmetschen in germanische Sprachen, zum Beispiel ins Deutsche, ist es natürlich ein Problem, wenn das Verb oder ein Satzteil wie die Verneinung erst am Ende des Satzes kommt. Dolmetscherinnen und Dolmetscher werden dafür eigens trainiert.“

Obwohl beide ihre wissenschaftliche Karriere längst beendet haben, verbindet sie immer noch das Interesse an der Sprache. Und die Liebe zu Passau. Zwischen Eroms, der ursprünglich aus Niedersachsen stammt, und dem Belgier Van de Velde, dem das Deutsche, seine erste Fremdsprache, nach wie vor sehr am Herzen liegt, ist eine enge Freundschaft entstanden. Seit der Zeit, als Van de Velde als Humboldt-Stipendiat an der Universität Passau war, ist er mit seiner Familie in regelmäßigen Abständen in die Dreiflüssestadt zurückgekommen. So hat er auch mitverfolgen können, wie der Campus wächst und sich ausbreitet. Sein Weg zur Universität führte damals am Inn entlang, auch diesmal, 40 Jahre später, kommt er zu Fuß zum Treffen am Campus – und ist immer noch angetan von der einmaligen Lage der Universität.

Prof. Dr. Marc Van de Velde und Prof. Dr. Hans-Werner Eroms vor der Bibliothek im Nikolakloster. Foto: Benedikt Kuhnen

Prof. Dr. Marc Van de Velde (re.) und Prof. Dr. Hans-Werner Eroms (li.) vor der Bibliothek im Nikolakloster. Foto: Benedikt Kuhnen

Von Passau in die Welt

Für Eroms hat mit Van de Velde eine lange Reihe von Humboldt-Stipendiaten an seinem Lehrstuhl begonnen, sechs junge Forscher aus Polen, Österreich, Bulgarien und Japan und eine junge Forscherin aus Finnland betreute er nach Van de Velde im Laufe seiner Professur an der Universität Passau – und trug damit den Namen der kleinen niederbayerischen Hochschule mit in die Welt. „Das Besondere an der Humboldt-Familie ist, dass alle miteinander in Verbindung bleiben“, erzählt er. „Auf einer Tagung in Warschau vor vielen Jahren stand ich in einer Runde mit vielen internationalen Forschenden zusammen und alle hatten irgendwie einen Bezug zu Passau.“

Die Universität Passau konnte seitdem etwa 30 weitere Humboldt-Stipendiatinnen und -Stipendiaten begrüßen und bekam 2022 eine Humboldt-Professur zugesprochen.

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