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„Wir hoffen, Migrationsströme vorhersagen zu können“

Der Ökonom Professor Daniel J. Henderson von der University of Alabama hat Dezember 2022 sowie Juni und Juli 2023 als PICAIS-Fellow an der Universität Passau verbracht. Im Gespräch gibt er Einblicke in die Entwicklung innovativer Instrumente, die Fluchtbewegungen prognostizieren könnten.

Symbolbild: Colourbox.

Daniel J. Henderson ist Professor für Wirtschaftswissenschaften und J. Weldon and Delores Cole Faculty Fellow in der Abteilung für Wirtschaft, Finanzen und Rechtswissenschaften am Culverhouse College of Business der University of Alabama. Seine vielfältigen Forschungsinteressen umfassen nichtparametrische Ökonometrie und Statistik, Paneldatenökonometrie, angewandte Mikroökonometrie und Bildungsökonomie. Mit seiner breiten und herausragenden wissenschaftlichen Expertise im Gepäck, hat er nach einem kurzen Besuch im Dezember 2022 den Juni und Juli 2023 als Research-in-Residence Fellow am Passau International Centre for Advanced Interdisciplinary Studies (PICAIS) verbracht. Professor Henderson hat hierbei mit dem Lehrstuhl für Statistik und Datenanalyse von Professor Harry Haupt und dem Lehrstuhl für Computergestützte Statistik und Mathematik von Dr. Joachim Schnurbus zusammengearbeitet.

Ihre Heimatuniversität, die University of Alabama, hat knapp unter 38.000 Studierende, mehr als dreimal so viele wie die Universität Passau. Wie war es für Sie bisher, Forschung an einer Universität in einer Kleinstadt durchzuführen?

Daniel J. Henderson.

Prof. Dr. Daniel J. Henderson. Foto: University of Alabama. 

Meine Universität ist ziemlich groß, aber die Bevölkerung der Stadt ist vergleichsweise klein (etwa 100.000 Einwohnende). Im Sommer, wenn die Studierenden nicht da sind, fühlt es sich ähnlich an. Während des Semesters, und besonders während der Football-Saison, hingegen ist unsere Stadt ein beliebtes Ziel (Restaurants sind voll und lokale Veranstaltungsorte überfüllt). Zu dieser Zeit gibt es auf dem Campus und in unseren Büros viel mehr „Fußverkehr“. Hier in Passau ist mein Büro sehr ruhig, auch wenn Studierende präsent und aktiv sind. Gelegentlich treffe ich auf Promotionsstudierende, kann aber ansonsten fast ohne Unterbrechungen forschen.

Was sind die Hauptziele Ihres Forschungsprojekts und welche konkreten Forschungsfragen möchten Sie erfassen?

Dadurch, dass ich als Wirtschaftswissenschaftler mit Statistikern zusammenarbeite, verfolgen wir zwei Hauptziele in unserer Forschung. Das erste ist die Entwicklung neuer Instrumente, die sowohl in den Bereichen Wirtschaftswissenschaften/Statistik als auch in anderen Bereichen nützlich sein können. Wir entwickeln sowohl Schätzverfahren als auch Tests für mehrdimensionale Paneldatenmodellen, die Dynamiken berücksichtigen. Solche Modelle sind in der internationalen Handels- und Immobilienpreisforschung sehr beliebt, aber unsere Anwendung zielt auf die Untersuchung von Migrationsströmen ab. Wir hoffen, dass wir in der Lage sein werden, Migrationsströme vorherzusagen und dazu beizutragen, die unterschiedlichen Determinanten von Migrationsströmen zu ermitteln.

Gibt es spezifische Regionen oder Länder in Europa, auf die Sie sich in der Forschung konzentrieren? Wenn ja, welche Faktoren haben die Wahl beeinflusst?

Wir konzentrieren uns auf die Länder, die die meisten Migrantinnen und Migranten aufnehmen; also hauptsächlich Länder im südlichen Europa. Dies dient zum Teil der Vereinfachung der Analyse, da wir einen langen Zeitraum betrachten und die Zuwanderung in viele europäische Länder (von außerhalb Europas) weniger ausgeprägt ist. In künftigen Studien möchten wir unsere Untersuchung auf die übrigen Länder der Europäischen Union ausweiten.

Wie arbeiten Sie während Ihres Aufenthalts mit Forschenden oder Institutionen in Passau zusammen? Gibt es besondere Ressourcen oder Expertise, die Sie für Ihre Forschung nutzen?

Ich habe im Laufe der letzten sieben Jahre viele Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Fakultät aus Passau geführt, aber es führte nie wirklich zu etwas, da die Zeitverschiebung unseren Fortschritt gebremst hat. Hier können wir mehrmals täglich darüber diskutieren. Wir trinken morgens Kaffee, besprechen unsere Gedanken aus der Nacht zuvor und gehen dann zurück in unsere Büros. Unsere Nachmittagskaffees verwenden wir zum Überdenken und Planen der nächsten Schritte. Bisher war dies sehr produktiv und hat wahrscheinlich zu einer ganzen Forschungsagenda geführt, anstatt nur zu einem einzelnen Projekt.

Da wir aus unterschiedlichen Fachbereichen stammen, haben wir uns auf die relative Expertise jeder Seite verlassen. Ich als Wirtschaftswissenschaftler habe mich auf Endogenitätsfragen konzentriert, die mit wirtschaftlichen Phänomenen zusammenhängen und die Analyse oftmals verkomplizieren können. Die Statistiker hier in Passau sind Experten für dynamische Modelle, und wir hoffen, dass wir diese Kluft zwischen unseren Fachgebieten überbrücken können.

Was sind Ihre zukünftigen Forschungspläne in diesem Bereich nach Ihrem zweimonatigen Aufenthalt in Passau?

Wir hoffen, das komplette Rahmenwerk für unser Projekt vor meiner Abreise aus Passau fertigzustellen. Nachdem ich nach Hause zurückgekehrt bin, werden wir das Projekt abschließen und es dann bei einer Fachzeitschrift einreichen. Anschließend planen wir, einige der anderen Projekte in Angriff zu nehmen, die wir bei einem gemeinsamen Kaffee besprochen haben.

Was vermissen Sie an Ihrem Heimatland?

Ich mag bayerisches Essen sehr, vermisse aber die Schärfe. Ich esse viele scharfe Gerichte, und Paprika, auch wenn es lecker ist, ist für mich nicht scharf genug.

Was gefällt Ihnen besonders an Passau?

Der schönste Teil meines Tages ist der Weg zur Arbeit und zurück. Ich gehe über Kopfsteinpflasterstraßen, überquere eine Brücke und gehe entlang eines Flusses. Mein Spaziergang ist wunderschön: die Gebäude, Brücken, Flüsse und Hügel. Ich mag auch die Biergärten besonders gerne. Eine Brezel, eine Wurst und ein Bier sorgen für einen schönen Abend.

Die Passauer Innpromenade.

Sommerlicher Blick auf den Inn von der Innpromenade in Passau, Bild: Colourbox

Prof. Dr. Harry Haupt

Prof. Dr. Harry Haupt

forscht zu Datenkomplexität

Welche Methoden stellt die moderne Statistik zur Analyse komplexer Daten bereit?

Welche Methoden stellt die moderne Statistik zur Analyse komplexer Daten bereit?

Prof. Dr. Harry Haupt ist seit 2012 Inhaber des Lehrstuhls für Statistik und Data Analytics an der Universität Passau. Von 2014 bis 2020 war er als Vizepräsident für die Bereiche Forschung, Nachwuchsförderung und Internationales zuständig. Zuvor hatte er von 2007 bis 2012 den Lehrstuhl für Ökonometrie und Statistik an der Universität Bielefeld inne und war dort von 2011 bis 2012 Sprecher des Zentrums für Statistik. Er gehört seit 2012 dem Vorstand der Deutschen Statistischen Gesellschaft an, leitet dort von 2012 bis 2020 den Ausschuss für statistische Theorie und Methodik und ist seit 2023 Editor von AStA – Advances in Statistical Analysis.

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