Autorin: Nicola Jacobi.
Das Thema Mobilität erstreckt sich über unendlich viele Teilbereiche. In aktuellen Projekten widmet sich die Universität Passau einerseits dem Thema mobil in ländlichen Regionen und andererseits dem Thema E-Mobilität. Immer gemeinsam mit starken Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft. Das Thema Nachhaltigkeit spielt in beiden Projekten eine wichtige Rolle. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr BMDV fördert beide.
"KIMoNO - New Ways of Mobility" - Video zum Projekt:
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Die Dichte an E-Autos nimmt zu. Es reicht schon, einen Blick auf die Nummernschilder der Autos zu werfen, die auf den Straßen unterwegs sind. Das „E“ an letzter Stelle ist keine Seltenheit mehr. Am 1. Januar 2022 betrug die Anzahl an zugelassenen Elektroautos mit ausschließlich elektrischer Energiequelle laut Statistischem Bundesamt rund 618.500. Zählt man auch Plug-In-Hybrid-Pkw hinzu, übersteigt die Zahl der elektrisch angetriebenen Pkw inzwischen die Millionenmarke. Im ersten Projekt geht es darum, ein datenbasiertes Konzept zu entwickeln, um die Ladeinfrastrukturen im europäischen Verkehrsnetz für Elektromobilität auszubauen. Ziel ist es, die Elektromobilität auszubauen, Netzüberlastungen zu vermeiden und den Bürgerinnen und Bürgern die nachhaltige Nutzung der elektrischen Antriebe zu ermöglichen.
Nur durch eine umfangreiche und nachhaltig verfügbare Datenbasis kann es gelingen, KI-basierte Systemsimulationen und Optimierungen für Elektroladeinfrastrukturen in Europa zu entwickeln.
Dr. Armin Gerl
Elektro-Ladeinfrastruktur ausbauen
Der Ausbau der Elektromobilität und der dafür notwendigen Ladeinfrastruktur ist eines der Kernziele der Europäischen Union. Schnelles Laden und Netzstabilität sind dabei die Hauptthemen. Um die Auswirkungen auf Netzstabilität, Nachhaltigkeit sowie Optimierungspotential beurteilen zu können, braucht man Daten. Doch bisher ist die Datenlage sehr gering. Genau hier setzt das Forschungsprojekt Open Mobility Electric Infrastructure (OMEI) an. Ein Projektteam aus insgesamt zehn Institutionen und Unternehmen, darunter die Universität Passau und die Hochschule Landshut, will eine frei verfügbare Datengrundlage schaffen, um eine nachhaltige, regionale Ladeinfrastruktur zu planen und Konzepte für eine intelligente Nutzung der E-Fahrzeuge zu bewerten.
Elektromobilität: In der Ausstellung „Schaufenster der Region“ im Rahmen des informellen EU-Ministerrat in Passau im Oktober 2020 präsentierte das TZE Innovationen zum Thema E-Mobilität, darunter auch Konzepte zu den Themen Vehicle-to-Home und Vehicle-to-Grid.
Nachhaltig denken
Aufbauend auf diesen Daten entwickelt und optimiert das Konsortium ökologische, ökonomische und technische Lösungen für Ladeinfrastrukturen im europäischen Verkehrsnetz, die regionale erneuerbare Energien mit nachhaltiger Energiespeicherung kombinieren. Ziel ist es, ein datenbasiertes Konzept übertragbar auf Europa schaffen. Um die Effekte einer intelligenten Ladeinfrastruktur auf die Energiewende zu berechnen, sammeln die Forschenden im ersten Schritt Lade-, Anwender-, Energie-, und Verkehrsdaten und errichten dazu an einer europäischen Hauptverkehrsader (z.B. entlang der Autobahn A3) in zwei Modellregionen Demonstrationsanlagen, die eine Schnellladesäule mit einem hybriden Energiespeicher kombinieren. Weiterhin wird in der Region Ilzer Land eine bidirektional funktionierende Anlage für Endverbraucher geplant, mit der E-Autos sowohl geladen als auch entladen werden können. Bei dieser Vehicle-to-Home-Variante soll das Potenzial der verfügbaren Speicherkapazitäten der stehenden Fahrzeuge genutzt werden.
Dazu erstellen die Universität Passau und das TZE der Hochschule Landshut Simulationsmodelle und testen die Vehicle-to-Home-Anwendungen. „Nur durch eine umfangreiche und nachhaltig verfügbare Datenbasis kann es gelingen, KI-basierte Systemsimulationen und Optimierungen für Elektroladeinfrastrukturen in Europa zu entwickeln“, sagt Dr. Armin Gerl, wissenschaftlicher Projektkoordinator für den Lehrstuhl für verteilte Informationssysteme in Passau. Und Prof. Dr. Harald Kosch, Inhaber des Lehrstuhls, fügt hinzu: „Die daten-basierte Optimierung der Elektroladeinfrastruktur sowie die Realisierung von Vehicle-to-Home und Vehicle-to-Grid Konzepten in Bayern ist ein wichtiger Meilenstein für das zukunftsfähige nachhaltige Mobilitätssystem in Deutschland.“ Der Einsatz von Methoden der KI zur Steigerung der Energieeffizienz in der Vehicle-to-Home Vernetzung besitze ein sehr hohes Potential, ergänzt sein Kollege Prof. Dr. Tomas Sauer, Leiter des Instituts für Softwaresysteme in technischen Anwendungen der Informatik FORWISS in Passau: „Die Projektergebnisse können für das regionale Energie-Ökosystem sehr relevant sein werden.“
Die im Projekt generierten Daten werden über offene Datenportale zugänglich gemacht und die Ergebnisse in einer Anwender-App transparent veröffentlicht. Ziel ist es, so auch die Bevölkerung aktiv zu beteiligen, das Thema Elektromobilität, KI und Blockchain in die Gesellschaft zu tragen und eine Akzeptanz für nötige Veränderungen zu erzeugen.
„Die europäischen Stromnetze müssen für den notwendigen Ausbau der Elektroladeinfrastruktur durch Batteriepuffer entlastet werden“, fasst OMEI-Projektleiter Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger, Wissenschaftlicher Leiter am Technologiezentrum Energie (TZE) der Hochschule Landshut, zusammen. „Um den Mobilitätsbedarf zu decken, brauchen wir Schnellladesysteme an den Hauptverkehrswegen in ganz Europa.“
Projektpartner OMEI
Neben der Universität Passau und der Hochschule Landshut sind am Projekt beteiligt: die Batteriehersteller Jena Batteries GmbH (JB) und FENECON GmbH sowie der Ladesäulenbetreiber Mer Germany GmbH (MER), die Unternehmen HEITEC AG und Technagon GmbH sowie die EVG Perlesreut eG und der Ilzer Land e.V. (IL). Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert.
Das Projekt KIMoNO beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, wie die Mobilität im ländlichen Raum verbessert werden kann.
Mobil auf dem Land
Das Projekt KIMoNo (KI-basierte, typübergreifende Mobilitätsoptimierung in non-urbanen Regionen) beschäftigt sich mit einem weiteren wichtigen Aspekt der Mobilität, nämlich der Frage, wie sie auf dem Land verbessert werden kann. Die Passauer Professoren Harald Kosch und Tomas Sauer sowie das Institut FORWISS sind gemeinsam mit ihrer Kollegin Prof. Dr. Alena Otto auch in diesem Projekt mit an Bord. Anhand der Pilotregion Landkreis Passau/Bayerischer Wald soll die Mobilität im ländlichen Raum möglichst umfassend analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz erarbeitet werden. Um ein ganzheitliches Bild von Mobilität jenseits urbaner Zentren zeichnen zu können, untersucht das Projektteam verschiedenste Typen von Mobilität – ob Einzelperson auf dem Fahrrad, autonom fahrende Autos, miteinander vernetzte Lkw-Konvois oder ganze Logistikketten. Auch die Themen E-Mobilität und Elektroladeinfrastruktur, wie sie im Projekt OMEI analysiert werden, spielen dabei eine Rolle. Ziel des Projekts: Umwege vermeiden, Leerfahrten verringern, Logistikketten optimieren und CO2-Emmissionen einsparen.
Am Projekt KIMoNo beteiligt ist auch der Data-Product-Plattform-Anbieter ONE LOGIC. Dr. Andreas Böhm, Absolvent der Uni Passau und Geschäftsführer des Unternehmens, rechnet vor: „Eine Analyse mit 14.000 Handelspartnern zeigte, dass rund 50 Prozent der LKWs auf deutschen Straßen leer fahren. Mit dem Einsatz von KI und Data Science könnte diese Zahl um bis zu 60 Prozent verringert werden, was zu 30 Prozent weniger CO2-Ausstoß, 25 Prozent weniger Staus und 20 Prozent weniger Kosten führt.“
Neben Lieferketten und Warentransporten stehen im Projekt KIMoNo aber auch diejenigen im Fokus, die im Auto, auf dem Fahrrad oder im LKW sitzen. Das Projekt will sie mit neuen Erkenntnissen und neuer Technologie dabei unterstützen, ohne Hindernisse ans Ziel zu kommen. Ziel ist es, eine Online-Plattform zur branchenübergreifenden Sammlung und Vernetzung von Mobilitätsdaten aufzubauen, dank derer beispielsweise Straßenschäden schneller entdeckt, Staus umfahren oder andere Hindernisse erkannt werden können.
Konzepte für eine bessere Gesundheitsversorgung
Neben diesen Aspekten, die sich vor allem mit Fragen der Mobilität in einem wirtschaftlichen, unternehmerischen Sinn beschäftigen, widmet sich das KIMoNo-Team seit Ende 2021 auch einem Thema, das Mobilität mit einem anderen wichtigen Aspekt verknüpft: Gesundheit. Es geht um die Frage, wie Künstliche Intelligenz dazu beitragen kann, die medizinische Versorgung abseits urbaner Zentren verbessern. Zum Beispiel indem Drohnen und Lieferroboter eingesetzt werden, um Medikamente und medizinische Hilfsgüter schnell, zuverlässig und günstig zu verteilen.
„Ziel ist es, mit Hilfe von Drohnen den Transport von medizinischem Material zu beschleunigen. Ein Beispiel, mit dem wir uns intensiv beschäftigen, sind medizinische Proben, insbesondere solche, die schnell und dringend analysiert werden müssen“, erklärt Sauer, Koordinator des Projekts. Um zu wissen, wo echter Bedarf besteht, was nötig und sinnvoll ist, sind in diesem Teilprojekt die Kooperationspartner aus der Praxis besonders wichtig. Sie sind diejenigen, die mit der Thematik jeden Tag direkt konfrontiert sind und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus eigener Erfahrung berichten können. Zudem verfügen sie nicht nur über ein breites Netzwerk, sondern vor allem über einschlägige Informationen aus der täglichen Arbeit in Kliniken, Kinderarztpraxen oder Laboren, über Bedarfe, drängende Probleme und die aktuelle Lage vor Ort.
BU Drohnen: Können Drohnen die Gesundheitsversorgung verbessern? Daran forscht das Team des Projekts KIMoNo.
Drohnen als Transportmittel
Das Team bearbeitet Fragen wie: Wie und wann werden die Drohnen sinnvoll eingesetzt? Wie funktioniert die Kommunikation der Drohnen sowohl untereinander als auch mit Fahrzeugen aller Art? Derzeit wird ein Kommunikationskonzept für konkrete Fälle entwickelt, zum Beispiel einer Probenlieferung von einer Hausarztpraxis in einer entlegenen Ortschaft im Bayrischen Wald an ein Labor in der Stadt Passau. Bei der Planung solcher Einsätze Autonomer Mobiler Roboter (AMR), zu denen auch Drohnen zählen, geht es nicht nur darum, Unfälle oder Zusammenstöße zu vermeiden. Punkte wie Batteriekapazität oder eine sichere Funkverbindung zur Zentrale spielen ebenso eine Rolle wie ökonomische Aspekte. „Die Einsatzplanung der AR ist hochkomplex. Das zukünftige Logistikkonzept für die medizinische Versorgung ländlicher Regionen soll eine schnelle Zustellung von Proben und wichtigen Medikamenten auch bei großen Entfernungen garantieren“, erklärt Prof. Dr. Alena Otto, Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Management Science/Operations and Supply Chain Management an der Universität Passau. Gleichzeitig bestehe der Anspruch, dies ökonomisch und ökologisch nachhaltig zu bewältigen. „Als zentralen Aspekt für die Akzeptanz eines Logistikkonzepts sehen wir die Zeit für die Zustellung. Moderne Labordiagnostik soll allen Menschen in gleichem Maße zur Verfügung stehen, unabhängig davon, ob sie in einer großen Stadt oder im ländlichen Raum leben. Daher visieren wir ein Transportsystem an, in dem autonome Roboter neben Kleintransportern flexibel und synergetisch eingesetzt werden.“
Mögliche Szenerien für den Einsatz von Drohnen gibt es viele, besonders im ländlichen Raum. Das Ziel ist immer dasselbe: Wichtige medizinische Ergebnisse in kürzerer Zeit zur Verfügung zu haben und so allgemein die gesundheitliche Versorgung der Menschen in nicht urbanen Gebieten zu verbessern.
Projektpartner KIMoNo 2
Neben Prof. Dr. Tomas Sauer, Prof. Dr. Harald Kosch und Prof. Dr. Alena Otto (alle Universität Passau) sind in KIMoNo2 auch Prof. Dr. Wolfgang Dorner (TH Deggendorf), die Kinderklinik Dritter Orden in Passau unter Leitung von Prof. Dr. Matthias Keller, das Kinder- und Familiennetzwerk Ostbayern und das MVZ Labor Passau am Projekt beteiligt. Als weiterer Kooperationspartner kommt der Drohnenhersteller Quantum Systems dazu. Er liefert die Flugroboter, die in der Lage sind, solche Aufgaben zu erfüllen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehrgefördert.
Prof. Dr. Alena Otto
Wie sollen Managementstrategien im digitalen Zeitalter gestaltet werden?
Wie sollen Managementstrategien im digitalen Zeitalter gestaltet werden?
Prof. Dr. Alena Otto ist seit 2019 Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Management Science/Operations and Supply Chain Management an der Universität Passau. Vor ihrer wissenschaftlichen Karriere arbeitete sie als Strategieberaterin in der Ukraine, in Deutschland und in Russland.
Prof. Dr. Harald Kosch
Wie können intelligente Systeme Informationen crossmedial auffinden?
Wie können intelligente Systeme Informationen crossmedial auffinden?
Prof. Dr. Harald Kosch ist seit 2006 Professor für Informatik Schwerpunkt Verteilte Informationssysteme an der Fakultät für Informatik und Mathematik. Kosch ist der deutsche Direktor des DFH/UFA-Doktorandenkollegs zwischen der INSA de Lyon und der Universität Passau. Schwerpunkt dieses Austausches sind Kooperationen in intelligenten digitalen Systemen.