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Kann Palmöl nachhaltig sein?

Dieser Frage gingen Expertinnen und Experten bei einem Symposium an der Universität Passau nach. Das Ergebnis: Ja, Palmöl kann nachhaltig produziert werden – wenn die lokalen Kleinbauern integriert werden.

Text von Nicola Jacobi.

Margarine, Schokolade, Kekse, Brotaufstriche, Schokocremes, Fertiggerichte, Tütensuppen – in diesen und vielen anderen Produkten steckt Palmöl drin. Seit langem steht die Palmölproduktion in der Kritik. Geht es auch nachhaltig? Ende September fand an der Universität Passau ein Symposium mit zweitägigem Workshop zum Thema „Nachhaltigkeit der Palmölproduktion in Indonesien“ statt, auf dem hochrangige Expertinnen und Experten Erfahrungen teilten und Forschungsergebnisse diskutierten.

Die Ölpalme liefert pro Hektar Ackerfläche viel mehr Pflanzenöl als andere Pflanzen wie etwa Soja, Raps und Sonnenblumen

Dr. Matin Qaim, Professor an der Universität Bonn

Zehn Jahre lang hat Dr. Matin Qaim, Professor an der Universität Bonn und Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung, mit einem internationalen Team die Entwicklung der Palmölproduktion in Indonesien, dem größten Palmölproduzenten der Welt, erforscht. „Die meisten Menschen in Deutschland und Europa verbinden Palmöl mit negativen Effekten“, sagt er. „Palmölplantagen sind für das Abholzen von Regenwald mitverantwortlich. Außerdem gibt es soziale Bedenken, weil die Plantagen oft von multinationalen Firmen angelegt werden. Wir sind der Frage nachgegangen, was wirklich dran ist an dem Negativimage von Palmöl.“

Ökologische und soziale Auswirkungen

Prof. Dr. Matin Qaim, Professor an der Universität Bonn, Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung und Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Prof. Dr. Matin Qaim, Professor an der Universität Bonn, Direktor des Zentrums für Entwicklunsgsforschung und Mitglied der nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Sicher ist: Ökologisch ist die Ausbreitung von Palmölplantagen ein großes Problem. Sozial gesehen gibt es jedoch auch positive Beobachtungen: Neben den großen Firmen produzieren auch viele Kleinbauern Palmöl, deren Lebensstandard sich dadurch deutlich verbessert hat. Die Rolle der Kleinbauern zu stärken, sieht Qaim als einen zentralen Punkt, wie die Palmölproduktion effektiver und nachhaltiger gestaltet werden kann. „Wenn Kleinbauern ertragreich auf bereits vorhandenen Flächen wirtschaften können, also ohne zusätzlichen Wald abzuholzen, und so ihr Einkommen steigern, dann können positive Impulse für nachhaltige Entwicklung ausgelöst werden.“

Wichtig ist ihm auch, dass erkannt wird, dass Palmöl nicht per se etwas Schlechtes ist. „Die Ölpalme liefert pro Hektar Ackerfläche viel mehr Pflanzenöl als andere Pflanzen wie etwa Soja, Raps und Sonnenblumen“, erklärt der Experte für Ernährungssicherheit, Nachhaltigkeit und Entwicklung, der auch Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina ist. Wichtig sei es, Wege und Möglichkeiten zu finden, wie Ökologie und Sozioökonomie in Einklang gebracht werden können, etwa indem nachhaltigere Produktionsformen gefördert und Kleinbauern eingebunden werden. Europa könne über entsprechende Entwicklungsprogramme auch Länder in Asien und Afrika fördern, um die Palmölproduktion nachhaltiger zu machen.

DFG-Projekt „Organic Farming“: Erfolgsfaktoren von Biolandbau in Indonesien

DFG-Projekt „Organic Farming“: Erfolgsfaktoren von Biolandbau in Indonesien

Was motiviert indonesische Bäuerinnen und Bauern, langfristig auf Biolandbau umzustellen? Dieser Frage geht Nathalie Luck, Ökonomin am Lehrstuhl für Development Economics an der Universität Passau, in einer von der DFG geförderten Feldstudie nach.

Digitale Plattformen als wichtiges Instrument

Die Einbindung von Kleinbauern macht eine nachhaltigere Produktion von Palmöl möglich. Ein Kleinbauer lächelt freundlich in die Kamera.

Die Einbindung von Kleinbauern macht eine nachhaltigere Produktion von Palmöl möglich. Foto: Matin Qaim

Neben Qaim waren beim Symposium in Passau auch Prof. Dr. Hermann Waibel (Universität Hannover), Professor für Entwicklungs- und Agrarökonomie an der Universität Hannover und Experte für Landnutzungssysteme und Agrartransformationen in Entwicklungsländern, und Professorin Dr. Siti Amanah von der IPB University in Bogor, Indonesien, zu Gast. Sie gaben ihr Wissen und ihre Erfahrungen in Vorträgen und einem zweitägigen Workshop weiter.

Das Symposium war in einen zweitägigen Workshop eingebettet, der auf zwei Forschungsprojekten aufbaute, die zurzeit am Lehrstuhl für Development Economics an der Universität Passau von Tagungsorganisator Professor Dr. Michael Grimm mit Finanzierungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) durchgeführt werden. Diskutiert wurden in insgesamt fünf verschiedenen Sitzungen unter anderem an Kleinbauern gerichtete Trainingsmaßnahmen sowie das Potenzial digitaler Instrumente und smarter Technologien zur Förderung nachhaltiger Anbaumethoden, der Einsatz von erschwinglichen Bodentests zum nachhaltigen Einsatz von Dünger, verschiedene Methoden der Feldforschung im Kontext nachhaltiger Landwirtschaft sowie die Rolle Digitaler Plattformen.

Grimm sieht in digitalen Plattformen eine wichtige Möglichkeit hin zu einer nachhaltigeren Produktion: „Plattformen bieten ein enormes Potenzial zur Steigerung der Produktivität, zur Verbesserung des Marktzugangs und der Nachhaltigkeit. Dazu allerdings sei die Unterstützung der Regierungen beim Auf- und Ausbau der notwendigen Infrastruktur, notwendig.“

Prof. Dr. Michael Grimm, Inhaber des Lehrstuhls für Development Economics

Prof. Dr. Michael Grimm

forscht unter anderem zum technologischen Wandel in Entwicklungsländern

Welche Maßnahmen ermöglichen Entwicklungsländern Teilhabe an größeren internationalen Marktprozessen?

Welche Maßnahmen ermöglichen Entwicklungsländern Teilhabe an größeren internationalen Marktprozessen?

Prof. Dr. Michael Grimm ist Inhaber des Lehrstuhls für Development Economics an der Universität Passau und Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät sowie Projektleiter im DFG-Graduiertenkolleg 2720. Darüber hinaus ist er Vorsitzender des Entwicklungsökonomischen Ausschusses des Vereins für Socialpolitik. Zuvor arbeitete der Ökonom unter anderem als  Professor für Applied Development Economics an der Erasmus Universität Rotterdam, als Gastprofessor an der Paris School of Economics sowie als Berater bei der Weltbank in Washington D.C., USA.

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