Bessarabien-Deutsche in Polen 1941: Zeitzeugen erzählen
Die Bessarabien-Deutschen wurden 1940 ins besetzte Polen umgesiedelt. Ein Zeitzeugenprojekt arbeitet die Geschehnisse auf - in Sprache und Bild: Interviews mit Betroffenen und deren Nachkommen sollen gegenseitiges Verständnis eröffnen.
Am Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft wird ein Oral History-Projekt durchgeführt, in Kooperation mit dem Bessarabiendeutschen Verein e.V. und dem Touro-College Berlin (Holocaust Studies): Die Historische Kommission des Bessarabiendeutschen Vereins e.V. initiierte ein Zeitzeugenprojekt zur Ansiedlung der Bessarabien-Deutschen in Polen. Dabei handelte es sich um deutsche Siedler, die Anfang des 19. Jh. auswanderten und sich im Gebiet der heutigen Republik Moldau (Moldawien) bzw. der Ukraine am Schwarzen Meer niederließen.
Als im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes neben der Umsiedlung vieler deutscher Volksgruppen in Osteuropa auch die der Bessarabien-Deutschen anstand, wurden den meisten Siedlern, nach längeren Lageraufenthalten, Hofstellen im sog. Warthegau in Polen zugeteilt (im Bild zu sehen: Bessarabien-Deutsche bei der Ankunft am vom Ansiedlungsstab zugeteilten Hof in Polen; Foto: Bessarabiendeutscher Verein). Die polnischen Familien wurden dabei von den zuständigen SS-Stäben und der Sicherheitspolizei von ihren Höfen vertrieben, wurden zunächst deportiert, durften später aber auch in der Umgebung bleiben.
Nicht nur der polnischen Bevölkerung ist bei dieser Ansiedlung großes Unrecht widerfahren, auch für die Umsiedler war es geradezu ein Schockerlebnis, das sehr unterschiedlich verarbeitet wurde. Das Zusammenleben mit der polnischen Bevölkerung kann als extrem spannungsreich beschrieben werden, die Bandbreite reicht von Wohlgesonnenheit - die von der deutschen Obrigkeit nicht geduldet wurde - bis hin zu feindseligen, gewaltsamen Übergriffen auf beiden Seiten. Durch diese Vorkommnisse ist das deutsch-polnische Verhältnis stark belastet.
Freundschaftliches und friedvolles Verhältnis fördern
Das Zeitzeugenprojekt versucht, Licht in das Dunkel dieser Ereignisse zu bringen, indem aus der nunmehr vorliegenden zeitlichen Distanz freier über die damaligen Ereignisse gesprochen werden kann: Es sollen gute wie schlechte Erinnerungen aufgezeichnet werden. Die Interviews mit betroffenen Menschen bzw. deren Nachkommen, sowohl bessarabischen Siedlern als auch den polnischen Hofeignern, sollen ein gegenseitiges Verständnis für verschiedene Handlungsweisen eröffnen und ein künftiges, freundschaftliches und friedvolles Verhältnis fördern.
Geplant sind insgesamt ca. 15 Interviews, die von August bis Oktober 2016 als Oral History-Dokumentationen auf Video aufgezeichnet werden. PD Dr. Günter Koch leitet das Projekt an der Universität Passau. Die Organisation und Durchführung der Aufnahmen in Polen wird von Prof. Stephan Lehnstaedt vom Touro-College Berlin koordiniert. Im Rahmen dieses Projekts werden an der Universität Passau zwei Abschlussarbeiten des Studiengangs BA "Medien und Kommunikation" betreut, die die Umsetzung von Sprache und Bild in Oral History-Dokumentationen thematisieren.
Principal Investigator(s) at the University | Dr. Günter Koch (Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft) |
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Website | http://www.phil.uni-passau.de/deutsche-sprachwissenschaft/forschung/oral-history-dokumentation-zeitzeugenprojekt-zur-ansiedlung-in-polen-1941/ |