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Lehramtsstudierende entwickeln Impfstoff gegen Fake News

Sie ahnen es: Das ist natürlich Blödsinn. Die korrekte Meldung lautet: Angehende Lehrkräfte entwickeln an der Universität Passau Ideen, wie sie Schülerinnen und Schüler für Fake News sensibilisieren könnten.

Das war jedenfalls eines der Themen im neuen interdisziplinären Lehrformat Information & Media Literacy Think Tank im Didaktischen Labor an der Universität Passau, in das sich Studierende gleichberechtigt mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen einbringen. Input für die Sitzung unter dem Titel „Fake News & Alternative Facts are Everywhere – Oder warum ‚postfaktisch’ das Wort des Jahres 2016 geworden ist“ gaben die Amerikanistin Dr. Sarah Makeschin und die Mediensemiotikerin Amelie Zimmermann.

Im Vorfeld zu diesem Termin hatte die Universität Passau in den sozialen Netzwerken Nutzerinnen und Nutzer um Anregungen gebeten.

Was sind Fake News?

Fake News sind zunächst einmal Beiträge, die so tun, als wären sie Nachrichten. Das ist weder positiv noch negativ, denn Satire oder Fiktion arbeitet ebenfalls mit diesem Mittel, stellte ein Teilnehmer in der Diskussion mit seinen Kommilitonen fest. Ins allgemeine Bewusstsein rückten Fake News im Zuge des US-Wahlkampfs 2016 – und zwar im Sinne von politisch motivierten Manipulationsversuchen, die nach Angaben von Facebook Millionen von Wählerinnen und Wählern in dem sozialen Netzwerk erreicht haben.

Was ist „Misinformation“, was „Disinformation“?

Im Englischen bezeichnet „Misinformation“ ganz allgemein die Verbreitung von Unwahrheiten, unabhängig von der Intention, die dahinter steckt. Das kann alles von Gerüchten über unbeabsichtigte Falschmeldungen bis hin zu Propaganda sein. Bei dem englischen Begriff „Disinformation“ steht die Absicht im Vordergrund: Es werden gezielt Fakten verdreht, oder  falsche Informationen verbreitet, um die Wahrheit zu vertuschen oder die öffentliche Meinung zu beeinflussen,häufig unter dem Motto: „Wir bringen die Wahrheit ans Licht!“

Welche Rolle spielt Wahrheit in der Fake-News-Debatte?

Eine große. Wahrheit und Lüge werden zu politischen Kampfbegriffen. Informationen werden zu Fake News, zu anderen Wahrheiten, zu alternativen Fakten. In den USA vergibt Donald Trump Schmähpreise an seriöse Berichterstattung, in Deutschland kursiert das alte Schlagwort von der Lügenpresse, das im ersten Weltkrieg und im Nationalsozialismus dazu diente, kritische Berichterstattung zu entwerten. Zum Problem wird das, wenn dies achselzuckend hingenommen wird, nach dem Motto: Weiß eh keiner mehr, was wahr oder falsch ist. In die Diskussionsrunde an der Universität Passau brachte ein Student folgendes Zitat von Hannah Arendt ein: „Der ideale Untertan eines totalitären Regimes ist nicht der überzeugte Nazi oder der überzeugte Kommunist, sondern das Individuum, für das es keinen Unterschied mehr zwischen Realität und Fiktion, zwischen wahr und falsch mehr gibt.“

Wie erkenne ich Fake News?

Ein anderer Student berichtete in dem Think Tank, wie er während des Hamburger G-20-Gipfels auf WhatsApp mit zweifelhaften Nachrichten konfrontiert wurde. Er habe diese einem Bekannten weitergeleitet, der selbst als Polizist im Einsatz war und ihm eine Einschätzung der Lage vor Ort geben konnte.  Bisweilen hilft es, das Profil des ursprünglichen Absenders oder der Absenderin zu überprüfen. Welche Informationen hat er oder sie noch geteilt? Ebenfalls aufschlussreich: eine Suche, ob auch andere Medien über diese Informationen berichten. Misstrauisch machen sollten außerdem Aussagen, die bereits erwähnten Statements von der Wahrheit und dem Licht. Eine österreichische Initiative hat diese praktischerweise in einem Fake-News-Bingo zusammengestellt.

Wie bringe ich das Kinder und Jugendlichen bei?

Ein Student drückte es in der Sitzung folgendermaßen aus: Die Schülerinnen und Schüler zu Hütchenspielern machen. Denn nur, wenn sie das Spiel beherrschten, verstünden sie die Mechanismen der Manipulation. Kunstpädagogin Dorothe Knapp brachte als Beispiel Projekte ein, in denen Schülerinnen und Schüler lernen, wie Satire funktioniert. Analog ließe sich womöglich bei Fake News vorgehen.

Via Twitter kommentierte eine Nutzerin zu dieser Frage:

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Weitere Ratschläge und Wünsche?

Kleine Ziele setzen. Eine Person kommentierte auf Facebook, es wäre schon ein Fortschritt, zu vermitteln, dass nicht alles, was in den sozialen Netzwerken auffindbar ist, richtig und zutreffend sei. Ähnlich äußerte sich in der Diskussion eine Studentin. Sie ist angehende Geschichtslehrerin und wird mit Schülerinnen und Schülern Themen wie Urkundenfälschung im Mittelalter sowie Propaganda in der NS-Zeit besprechen. „Schön wäre es, wenn der Transfer gelingen könnte, dass wir heute mit genau diesen Phänomenen noch immer zu kämpfen haben. Allerdings auf eine andere Art und Weise.“

Im Think Tank jedenfalls hat sie dazu viele Ideen, Anregungen und Reflexionsansätze von Expertinnen und Experten sowie Kommilitoninnen und Kommilitonen bekommen. Sind noch Wünsche offen?

Ja, sagt sie. Mehr Zeit für die Diskussion mit den Schülerinnen und Schülern.

Interdisziplinäre Tagung zu Information & Media Literacy

Welchen Einfluss hat Digitalisierung auf unsere Gesellschaft? Wie kann ein kompetent-kritischer Umgang mit Informationen aussehen? Wie sollten Bildungsprozesse im digitalen Zeitalter organisiert und reflektiert werden? Im November 2018 findet an der Universität Passau eine Tagung zu Information & Media Literacy statt. Mehr Informationen

Über das SKILL-Teilprojekt „Information & Media Literacy“

Information & Media Literacy ist ein Lehrprojekt im Rahmen von SKILL, dem Passauer Modellprojekt zur Weiterentwicklung der Lehrerbildung. SKILL steht für „Strategien zur Kompetenzentwicklung: Innovative Lehr- und Beratungskonzepte in der Lehrerbildung“. Das Forschungsvorhaben erhält Fördermittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie aus dem Bund-Länder-Programm Qualitätsoffensive Lehrerbildung.

Der „Information & Media Literacy Think Tank“ findet im „Didaktischen Labor“ statt, dem Klassenzimmer der Zukunft an der Universität Passau, in dem sich neue Unterrichtsformen erproben lassen. Blick ins Klassenzimmer der Zukunft:

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