Unter dem Motto „Demokratie schützen. Europa gestalten“ lud der Science Hub for Europe der Universität Passau vom 5. bis 9. Mai 2025 zur Europawoche. In einer Zeit wachsender Unsicherheit machten Workshops, Diskussionen und kreative Formate deutlich, wie vielschichtig europäische Bildung und Demokratiearbeit sein können.
Ein starkes Zeichen für Europa
Die Europawoche an der Universität Passau vernetze Forschende, Lehrende und Studierende mit dem Ziel, das vielfältige Europaprofil der Universität aufzuzeigen. "Das Motto der diesjährigen Europawoche ‚Demokratie schützen. Europa gestalten‘ spiegelt den erhöhten Handlungsbedarf in politisch schwierigen Zeiten wider. Das Thema wird uns in Europa im politischen und somit auch im akademischen Kontext begleiten“, sagte Danny Jurjević, Geschäftsführer des Science Hub for Europe.

Wanderausstellung und Info-Stand, Europe Direct Bayerischer Wald-Böhmerwald-Unterer Inn - Foto: Jan Luka Keusemann, Science Hub for Europe
Zum Auftakt informierten die Hochschulgruppen AEGEE Passau, GoverNet, JEF, das kuwi-Netzwerk sowie Europe Direct Bayerischer Wald-Böhmerwald-Unterer Inn mit Info-Ständen und der Wanderausstellung „EU on Tour“ im Foyer der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Europaflaggen, Ausstellungen und Infomaterialien luden zum Mitmachen ein. Es war der Startpunkt für eine Woche voller Diskussionen, Ideen und praktischer Impulse.
Bildung für nachhaltige Entwicklung
Dazu zählte etwa die Frage, wie man Europa im Klassenzimmer vermittelt. In einem Workshop erarbeiteten Lehrkräfte aus Stadt und Land Passau gemeinsam mit Lehramtsstudierenden der Universität Passau Wege, Bildung für nachhaltige Entwicklung fest im Schulalltag zu verankern. Themen waren die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen und der europäische Kompetenzrahmen für Nachhaltigkeit. Die Teilnehmenden diskutierten, wie junge Menschen zu verantwortungsvollen, zukunftsfähigen Europäerinnen und Europäern heranwachsen können. Den Workshop leitete Angelika Herzog vom Zentrum für Lehrkräftebildung und Fachdidaktik. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt fitESD.eu, gefördert durch das Programm Erasmus+. FitESD.eu steht für “Fit for Education for Sustainable Development for Future Europe”.
Hintergrund der Europawoche
In der Europäischen Union werden seit 1985 jährlich am 9. Mai Frieden und Einheit zwischen den Mitgliedstaaten gefeiert. Anlass ist die Rede des französischen Außenministers Robert Schuman, der an diesem Tag vor 75 Jahren vorschlug, in der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) die Produktion dieser kriegswichtigen Güter in den Mitgliedstaaten zusammenzulegen. Es beteiligten sich Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Ziel war es, weitere Kriege zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern.
Daraus hat sich das erfolgreichste Friedensprojekt auf dem europäischen Kontinent entwickelt. Ein wichtiger Bestandteil davon sind demokratische Wahlen. Darum und um die Auswirkungen der jüngsten Bundestagswahl auf Europa ging es im Vortrag von Dr. Udo Bux, Leiter des Verbindungsbüros des Europäischen Parlaments in München. Organisiert wurde dieser durch die Passauer Politiktage.
Europas Sicherheit im Fokus
Die Herausforderungen der Europäischen Union für die Zukunft sind spürbar geworden, spätestens nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. „Verteidigungsfähigkeit“ oder „Kriegstüchtigkeit“ sind Begriffe, die öffentlich diskutiert werden. Wie unterschiedlich europäische Länder mit diesen Themen umgehen, zeigte Necati Naran von der Hochschulgruppe GoverNet. Im Workshop „Europe de la Défense“ analysierte er die Verteidigungskulturen von Deutschland, Frankreich und Finnland. Dabei wurde deutlich: Kulturelle Faktoren wie Ideen, Einstellungen, Traditionen und etablierte Verhaltensmuster beeinflussen stark, wie ein Land mit militärischen Bedrohungen umgeht.
Demokratie braucht Zivilgesellschaft
Das von der Europäischen Union geförderte „InvigoratEU Youth Lab“ wird in 16 europäischen Ländern durchgeführt – und eines davon fand im Rahmen der Europawoche unter der Leitung von Florence Ertel und Julian Plottka vom Jean-Monnet-Lehrstuhl für Europäische Politik an der Universität Passau statt (Pressemitteilung dazu). Sie rückten die Erweiterungspolitik der EU in den Mittelpunkt. Die Teilnehmenden in Passau identifizierten mangelnden politischen Willen und komplexe Abstimmungsverfahren als Herausforderungen. Auch deshalb betonten sie, wie wichtig eine engagierte und informierte Zivilgesellschaft sei - nicht nur innerhalb der Europäischen Union, sondern auch in den Staaten der Erweiterungs- und Nachbarschaftspolitik. Sie warnten vor Gefahren für die Demokratiebildung wie etwa Desinformationskampagnen.
Kreativität als Brücke zu Europa
Auch kreative Zugänge fanden ihren Platz: In einem Workshop im Rahmen der Reihe Uni-live im Begegnungsraum in der Großen Klingergasse gestalteten Teilnehmende Collagen und zum Teil mehrsprachige Gedichte zum Thema europäische Einheit. Die Studierenden Elena Goldhofer und Kevin Burger organisierten die Veranstaltung. Alle Werke wurden gescannt. Es entstand eine große Collage aus Bild- und Textmaterial.
Dialog statt Parolen
Wie man mit populistischen Sprüchen am Stammtisch umgeht, trainierten Teilnehmende im Workshop „Stammtischparolen“. Kommunikationstrainerin Sara Hoffmann-Cumani gab konkrete Werkzeuge an die Hand, wie man sich verständnisvoll zeigen kann, aber gleichzeitig die eigene Meinung nicht zu sehr zurückstellt. Die Teilnehmenden brachten eigene Erfahrungen ein und lernten, welche kommunikativen Mittel sie in künftigen solchen Situationen nutzen können. Ziel des Workshops war es, den gesellschaftlichen Dialog über Europa zu stärken, auch bei Gegenwind.
Demokratie verstehen – und verteidigen
Wann ist eine Lehrerin oder ein Lehrer politisch – und wann zu politisch? Erkennt man den Wandel zur Diktatur rechtzeitig? Unter anderem diese Fragen diskutierten Teilnehmende im „Democracy World Café“ unter der Leitung von Katja Reitmaier, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Diversitätsforschung und Bildungsräume der Mittleren Kindheit an der Universität Passau.
Europa als Aufgabe
Die Workshops und Veranstaltungen besuchten mehr als 100 Teilnehmende. Universitätspräsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch betonte die Bedeutung der Europawoche: Passau befinde sich faktisch in der geographischen Mitte einer kooperierenden europäischen Staatenwelt. „Für die Vernetzung in Forschung und Lehre ist dies Verpflichtung und Voraussetzung zugleich. Die Universität Passau nutzt nicht nur die Freiheiten Europas – sie arbeitet für diese Freiheit.“
Text: Jan Luka Keusemann und Danny Jurjević, Science Hub for Europe
Kooperationspartner des Science Hub for Europe waren: Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Diversitätsforschung und Bildungsräume der Mittleren Kindheit; Jean-Monnet-Lehrstuhl für Europäische Politik; InvigoratEU; Professur für Romanische Literatur- und Kulturwissenschaft (Schwerpunkt Frankreich); Akademisches Auslandsamt; Uni-live; Zentrum für Lehrkräftebildung und Fachdidaktik (ZLF); die Hochschulgruppen AEGEE Passau, GoverNet, Junge Europäische Föderalist:innen Passau, kuwi netzwerk international e.V., Die Passauer Politiktage; FRanDEm; Climate Fresk Deutschland e.V.; Europe Direct Bayerischer Wald-Böhmerwald-Unterer Inn; EU Youth Cinema: Green Deal; Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments in München.