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Was hilft gegen Fake News?

Forschende ordnen aktuelle Entwicklungen und Hintergründe zum Ukraine-Krieg ein. Teil 4: Der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Ralf Hohlfeld über den Umgang mit Fake News am Beispiel einer Falschinformation, die unter Studierenden kursierte.

Ganz so leicht wie im Bild oben geben sich Fake News meist nicht zu erkennen. Symbolfoto: Colourbox

Luise Haack, Leiterin des Referats International Support Services an der Universität Passau, fragt sich, wie wir intelligent und mündig mit Fehlinformationen und Fake News in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg umgehen können. Anlass war eine Falschnachricht, die unter russischen Studierenden für Aufregung gesorgt hatte, wonach sie in Kürze exmatrikuliert würden. Die Meldung hatte die deutschsprachige Ausgabe des Portals Sputnik des staatlichen russischen Medienunternehmens Rossija Sewodna verbreitet.

Prof. Dr. Ralf Hohlfeld

Prof. Dr. Ralf Hohlfeld

Die Antwort kommt von Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Ralf Hohlfeld, der zum Thema Fake News und Desinformation forscht. Von 2012 bis 2015 leitete er das EU-Projekt „Crossmedia und Qualitätsjournalismus“, in dem es um die Modernisierung der ukrainischen und moldawischen Journalismus-Studiengänge ging, sowie um das Thema Medienfreiheit in Osteuropa. In der Woche nach dem russischen Angriff auf die Ukraine half er seiner ukrainischen Kollegin und ehemaligen Projektmitarbeiterin Dr. Anna Sarmina bei der Flucht nach Passau (BR2-Podcast "Tagesticket" dazu).

Wie erkenne ich Fake News? Zunächst einmal gilt es, den gesunden Menschenverstand einzuschalten und sich zu fragen, ob das wirklich sein kann. Das Perfide an Fake News ist aber, dass sie nicht komplett erfunden sind, sondern häufig einen wahren Kern haben. In diesem Falle war es die Tatsache, dass die deutschen Wissenschaftsorganisationen ihre Verbindungen zu Russland gekappt haben. In dem Zusammenhang mag es durchaus plausibel erscheinen, dass dies auch die russischen Studierenden treffen könnte.

Nächster Punkt, der überprüft werden sollte, ist die Quelle. Wenn es sich um eine Nachricht von Sputnik oder anderen einschlägigen Propaganda-Seiten handelt, dann sollte ich skeptisch werden und mit Suchmaschinen überprüfen, ob auch seriöse Medien darüber berichten. Darüber hinaus gibt es noch verschiedene andere Werkzeuge, die Journalistinnen und Journalisten einsetzen, um den Wahrheitsgehalt von Bildern und Videos zu überprüfen, die auf Social Media kursieren. Dazu zählt etwa die Google-Bildersuche, mit deren Hilfe sich überprüfen lässt, ob das Bild schon einmal in einem anderen Zusammenhang online erschienen ist.

Grundsätzlich aber haben die russischen Studierenden in diesem Fall alles richtiggemacht: Sie sind der Sache selbst auf den Grund gegangen, haben sich an die Universitätsverwaltung gewandt und dort bei den zuständigen Stellen nachgefragt, ob an der Nachricht etwas dran ist. So konnte die Nachricht schnell als das identifiziert werden, was sie ist: Fake News.

Im konkreten Beispiel zielte diese zudem auf einen kleinen, klar begrenzten Adressatenkreis ab, nämlich auf unsere russischen Studierenden. In einem solchen Fall empfehle ich, offensiv zu kommunizieren, auch in Form eines öffentlichen Statements, und klarzumachen, dass der Abbruch der Verbindungen im Bereich Forschung nicht die Lehre betrifft. Eher im Gegenteil, dass wir es ja gerade in der Lehre als unsere Aufgabe sehen, unsere russischen Studierenden zu unterstützen, die freiwillig den Weg zu uns in die Freiheit gewählt haben.

Tatsächlich können wir in Studien nachweisen, dass Korrekturen die Wirkung von Fake News verstärken, nach dem Motto: Wenn ich’s nur oft genug gehört habe, selbst in der negativen Form, dann fange ich auch an, selbst daran zu glauben."

Prof. Dr. Ralf Hohlfeld, Universität Passau

In anderen Fällen, wenn es sich etwa um weit gestreute Desinformation handelt, können solche öffentlichen Korrekturen, in der Kommunikationswissenschaft sprechen wir von Debunking, kontraproduktiv sein. Denn sie tragen zur weiteren Verbreitung der Desinformation bei. Sprich, der tote Fisch stinkt weiter, ich bekomme den Geruch durch eine Korrektur nicht weg. Tatsächlich können wir in Studien nachweisen, dass Korrekturen die Wirkung von Fake News verstärken, nach dem Motto: Wenn ich’s nur oft genug gehört habe, selbst in der negativen Form, dann fange ich auch an, selbst daran zu glauben.“

Welche Fragen haben Sie zum Angriff auf die Ukraine? Schreiben Sie uns: frag-die-wissenschaft@uni-passau.de - wir leiten Ihre Fragen weiter und veröffentlichen an dieser Stelle zeitnah Antworten von Forschenden.

Weitere Einschätzungen

Unabhängigkeitsdenkmal der Ukraine auf dem Majdan Nesaleschnosti in Kiew. Foto: Adobe Stock

Digitale Propaganda, Putins Geschichtsbild, Cyberkrieg, wirtschaftliche Folgen: Einschätzungen von Passauer Forschenden zu den Hintergründen und aktuellen Entwicklungen im Ukraine-Krieg.

Stellungnahme der Universitätsleitung

Präsident Prof. Dr. Ulrich Bartosch äußert sich in einer Videobotschaft zur Haltung der Universität angesichts des Kriegsgeschehens und erläutert die derzeitigen Hilfs- und Handlungsmöglichkeiten.

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