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Tiefenschärfe für das maschinelle Sehen

Der Informatiker Dr. Benjamin Planche entwickelt in seiner Doktorarbeit neue Methoden zur Gewinnung von synthetischen Bilddaten. Dafür hat er den Dissertationspreis 2022 der Deutsch‐Französischen Hochschule (DFH) erhalten. Die Arbeit entstand im Rahmen eines gemeinsamen PhD‐Track‐Programms der Universität Passau mit der INSA Lyon in Frankreich.

Die Preisverleihung fand Ende Januar im Rahmen einer feierlichen virtuellen Zeremonie mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Frankreich, Dr. Hans‐Dieter Lucas, und dem Präsidenten der Deutsch‐Französischen Hochschulen (DFH), Prof. Dr. Philippe Gréciano statt. Mit ihren vier Dissertationspreisen würdigt die DFH bemerkenswerte Leistungen junger Forschender mit deutsch‐französischer Promotionslaufbahn. Dr. Benjamin Planche erhielt den mit 4.500 Euro dotierten Dissertationspreis der DFH, drei weitere Promovierte wurden mit dem „Prix européen“, dem „Prix international“ und dem „Prix des affaires“ ausgezeichnet, die jeweils mit 2.000 Euro dotiert sind.

 

Schwarz-Weißes synthetisches Tiefenbild, das mit der in Benjamin Planches Diplomarbeit beschriebenen Methode (DepthSynth) erstellt wurde

Während das menschliche Auge hier nur graue Farbflächen erkennt, kann das Computer-Auge daraus wichtige Informationen für die industrielle Fertigung lesen: Beispiel für ein synthetisches Tiefenbild aus einem Industriemotor, das mit der in Benjamin Planches Diplomarbeit beschriebenen Methode (DepthSynth) erstellt wurde. Foto: Benjamin Planche. 

In seiner 2020 vorgelegten und mit der Bestnote „summa cum laude“ bewerteten Dissertation „Bridging the Realism Gap for CAD‐Based Visual Recognition“ hat Dr. Planche drei innovative Methoden zur Gewinnung von synthetischen Bilddaten entwickelt, die aktuell bereits erfolgreich in der Industrie eingesetzt werden. Der erste Beitrag stellt eine neue Methodik zur Erzeugung von realistischen Tiefenbildern aus 3D-Modellen dar, welche die Eigenschaften moderner Tiefenkameras vollumfänglich abbilden kann. Für den Fall, dass keine relevanten 3D-Modelle zur Erzeugung synthetischer Bilder verfügbar sind, schlägt Dr. Planche eine Methodik vor, in der die Rekonstruktion von visuellen Szenen aus Teilbeobachtungen effektiv durchgeführt werden kann. Während diese ersten beiden Forschungsbeiträge sich darauf konzentrieren, die synthetischen Bilddaten näher an die reale Zieldomäne zu bringen, setzt sein dritter Beitrag den umgekehrten Prozess um, indem ungesehene Zielbilder mitabgebildet werden.

„Die Forschungsergebnisse von Benjamin Planche stellen einen signifikanten Beitrag zur modellbasierten Qualitätsprüfung von Bauteilen in der industriellen Fertigung und Wartung dar“, so Prof. Dr. Harald Kosch, Inhaber des Lehrstuhls für Verteilte Informationssysteme an der Universität Passau und Erstgutachter der Dissertation. „Dass seine herausragende Arbeit nun mit dem DFH-Dissertationspreis gewürdigt wird, freut mich ganz besonders. Darüber hinaus ist diese Auszeichnung auch ein Beleg für den guten und erfolgreichen wissenschaftlichen Austausch zwischen Passau und Lyon und die enge Partnerschaft der beiden Universitäten.“

Beispiel, wie Tiefenbilder funktionieren: Rechts ist das Farbbild zu sehen, das unseren Sehgewohnheiten entspricht. Die Abbildung links zeigt das entsprechende Tiefenbild. Solche Bilder kommen in der Industrie in der Produktion und in der Fertigungskontrolle zum Einsatz:

Schwarz-weißes Tiefenbild auf welchem die Umrisse der Gegenstände des Farbfotos erkennbar sind

Foto: Lizenz Creative Commons Attribution 4.0 International. Autoren: Hodaň, P. Haluza, Š. Obdržálek, J. Matas, M. Lourakis, X. Zabulis, T-LESS: An RGB-D Dataset for 6D Pose Estimation of Texture-less Objects, WACV 2017. Abrufbar unter: http://cmp.felk.cvut.cz/t-less/

Farbfoto zu welchem das Tiefenbild generiert wurde. Zu sehen sind verschiedene Gegenstände, wie Klebeband und eine Taschenlampe.

Foto: Lizenz Creative Commons Attribution 4.0 International. Autoren: Hodaň, P. Haluza, Š. Obdržálek, J. Matas, M. Lourakis, X. Zabulis, T-LESS: An RGB-D Dataset for 6D Pose Estimation of Texture-less Objects, WACV 2017. Abrufbar unter: http://cmp.felk.cvut.cz/t-less/

Die Dissertation entstand im Rahmen des deutsch-französischen Doktorandenkollegs „Multimedia, Distributed and Pervasive Secure Systems“ (MDPS) zwischen der Universität Passau und der INSA Lyon. Dieses Kolleg bietet Doktorandinnen und Doktoranden der Informatik an der Universität Passau, der INSA Lyon und der Universität Mailand die Möglichkeit einer binational betreuten Promotion (sog. Cotutelle de thèse). Neben der länderübergreifenden Betreuung veranstaltet das MDPS zusätzlich halbjährliche Workshops mit Seminaren und Gastvorträgen von Expertinnen und Experten aus Industrie und Forschung, bei denen die Doktorandinnen und Doktoranden wertvolles Feedback erhalten und sich über ihren aktuellen Forschungsstand austauschen können.

Die Beiträge der Dissertation sind in mehreren wissenschaftlichen Veröffentlichungen erschienen und wurden unter anderem auf der renommierten Conference on Neural Information Processing Systems vorgestellt. Beim Dies academicus 2021 der Universität Passau erhielt Dr. Planche außerdem bereits den Dissertationspreis der Sparda-Bank Ostbayern eG.

DFH-Präsident Prof. Dr. Philippe Gréciano und Preisträger Dr. Benjamin Planche bei der virtuellen Festveranstaltung Ende Januar

DFH-Präsident Prof. Dr. Philippe Gréciano (links) und Preisträger Dr. Benjamin Planche bei der virtuellen Festveranstaltung Ende Januar. (Screenshot: DFH)

Zur Person

Dr. Benjamin Planche wurde 1990 im französischen Moutiers geboren. Nach dem Abitur am Lycée Jeanne d’Arc in Albertville begann er ein Informatik-Studium an der INSA Lyon und wurde 2013 in das Doppelmasterprogramm mit der Universität Passau aufgenommen. Während seiner Studienzeit verbrachte er zusätzlich ein Semester an der Technischen Universität Luleå in Schweden. 2014 schloss er sein Studium mit Auszeichnung ab und begann im Folgejahr ein Promotionsstudium in Informatik an der Universität Passau. Gleichzeitig erhielt er ein Doktorats-Stipendium von der Siemens AG in München. Nach Abschluss seiner Dissertation mit „summa cum laude“ im Jahr 2020 trat er eine Postdoc-Stelle bei der Siemens Technology AG in Princeton, USA an, wo er zu robusten visuellen Bilderkennungssystemen forschte. Derzeit ist Dr. Planche als Senior Research Scientist bei UII America, Inc. angestellt. Dort arbeitet er gemeinsam mit seinen Kollegen an der Verbesserung und Automatisierung medizinischer Bildgebungs-Workflows.

Über die DeutschFranzösische Hochschule

Die Deutsch‐Französische Hochschule (DFH) ist eine 1997 von den beiden Ländern gegründete Einrichtung mit der Aufgabe, binationale Studiengänge mit Doppelabschluss sowie die binationale Doktorandenausbildung und die Mobilität von jungen Forschenden zwischen Deutschland und Frankreich zu fördern. Das Angebot der DFH umfasst Studiengänge an über 200 Universitäten, Fachhochschulen und Grandes Écoles in rund 130 deutschen und französischen Städten. Derzeit sind rund 6.400 Studierende sowie 150 Doktorandinnen und Doktoranden in von der DFH geförderten Kooperationen eingeschrieben.

Weiterführende Informationen zur DFH und zu ihren Exzellenzpreisen finden Sie auf der Website www.dfh-ufa.org sowie in der entsprechenden Pressemitteilung der DFH.

Prof. Dr. Harald Kosch

Prof. Dr. Harald Kosch

forscht zu verteilten Informations- und Multimedia-Systemen

Wie können intelligente Systeme Informationen crossmedial auffinden?

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Prof. Dr. Harald Kosch ist seit 2006 Professor für Informatik Schwerpunkt Verteilte Informationssysteme an der Fakultät für Informatik und Mathematik. Kosch ist der deutsche Direktor des DFH/UFA-Doktorandenkollegs zwischen der INSA de Lyon und der Universität Passau. Schwerpunkt dieses Austausches sind Kooperationen in intelligenten digitalen Systemen.

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