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Wenn sich digitale Akteure über Grenzen hinweg zusammentun

Alles begann mit einer deutsch-französischen Studienfreundschaft: Das Team um Informatik-Professor Kosch bringt Forscherinnen und Forscher grenzübergreifend aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, um die Forschung rund um digitale Systeme voranzutreiben. Von Nicola Jacobi

Wären es normale Zeiten, würde sprachliches Durcheinander durch die Gänge und Räume des Lehrstuhls von Prof. Dr. Harald Kosch hallen. Französisch, Englisch, Deutsch, dazwischen Bairisch. Der Inhaber des Lehrstuhls für Informatik mit Schwerpunkt Verteilte Informationssysteme und Vizepräsident der Universität Passau ist dafür bekannt, den wissenschaftlichen Dialog grenzübergreifend voranzutreiben. Inzwischen haben Kosch und sein Team diesen Austausch auf mehreren Ebenen institutionalisiert: in verschiedenen Netzwerken und Kooperationen mit akademischen und industriellen Partnern aus Frankreich, Italien, Tunesien und Rumänien. In diesem Rahmen finden regelmäßig Veranstaltungen, Workshops und Konferenzen statt.

Insbesondere eine Veranstaltung weckt bei externen Stakeholdern großes Interesse: die jährliche deutsch-französische "Artificial Intelligence for Industy"-Summerschool, an der namhafte Partner aus Hochschulen und Wirtschaft teilnehmen. Die Universität Passau organisiert sie gemeinsam mit der Ecole Normale Supérieure Paris Saclay, einer der höchsten akademischen Einrichtungen Frankreichs. Das Treffen fördert nicht nur den Austausch zwischen Forschenden, sondern auch den Dialog zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Akteuren aus Industrie und Behörden. Im Mittelpunkt steht dabei Forschung rund um die Themen Künstliche Intelligenz Engineering, Machine Learning sowie KI und Nachhaltigkeit.

Wegen der Corona-Pandemie entschieden sich die Veranstaltenden aus Passau und Paris, für die 2020er-Ausgabe der Summerschool, die ursprünglich in Frankreich geplant war, ein innovatives digitales Format zu finden. „Wir wollten ein starkes Signal setzen, dass Innovation, europäische Zusammenarbeit und unsere Partnerschaften stärker sind als ein Virus", heißt es in einem Tweet:

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Prof. Dr. Harald Kosch

Prof. Dr. Harald Kosch

forscht zu verteilten Informations- und Multimedia-Systemen

Wie können intelligente Systeme Informationen crossmedial auffinden?

Wie können intelligente Systeme Informationen crossmedial auffinden?

Prof. Dr. Harald Kosch ist seit 2006 Professor für Informatik Schwerpunkt Verteilte Informationssysteme an der Fakultät für Informatik und Mathematik. Kosch ist der deutsche Direktor des DFH/UFA-Doktorandenkollegs zwischen der INSA de Lyon und der Universität Passau. Schwerpunkt dieses Austausches sind Kooperationen in intelligenten digitalen Systemen.

Dank der Unterstützung des Siemens Artificial Intelligence Lab findet das Treffen nun am 24. Juni 2020 digital statt (zur Anmeldung). Dabei wird eine Live-Session mit einer Website kombiniert, auf der eine große Anzahl an Videos von wissenschaftlichen Referentinnen und Referenten, aber auch von Akteuren aus der Wirtschaft und öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung stehen.

Forschungsnetzwerk zu Intelligent Digital Systems

Institutionalisiert hat sich dieser grenzübergreifende Austausch auch im Netzwerk IRIXYS, dem International Research and Innovation Center in Intelligent Digital Systems. Die digitale Forschungsplattform wurde 2016 von der Universität Passau, dem Sciences Appliquées (INSA) Lyon und der Università degli Studi di Milano gegründet mit dem Ziel, die Forscherinnen und Forscher aus Wissenschaft und Wirtschaft zum Thema Digitalisierung, Big Data und Künstliche Intelligenz zusammenzubringen.

IRIXYS organisiert zweimal jährlich Workshops speziell für PhD-Studierende, auf denen sie sich mit anderen Forschenden, aber auch mit Gewerbetreibenden austauschen können (siehe Video unten). Ein weiteres Highlight im Jahr 2019: IRIXYS war mit einem Stand auf der Technologiekonferenz VivaTech in Paris vertreten.

Axelle Cheney beim Vortrag auf der Vivatech Messe in Paris

Axelle Cheney, Koordinatorin der internationalen Projekte am Lehrstuhl von Prof. Dr. Kosch

„Es bestand ein Wunsch nach einem intensiven Austausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik rund um digitale Innovationen. IRIXYS ermöglicht genau diesen Austausch, da es Menschen zusammenbringt – aus Industrie, Wissenschaft und Politik – und das auf einer grenzüberschreitenden Ebene“, sagt Axelle Cheney, Koordinatorin der internationalen Projekte, die am Lehrstuhl von Prof. Dr. Kosch laufen. Die Französin hat lange Zeit als politische Beraterin der Europäischen Kommission in Brüssel gearbeitet, spricht vier Sprachen fließend und kennt sich aus mit länderübergreifenden Themen und diversen Teams.

Alles begann mit einer deutsch-französischen Studienfreundschaft

IRIXYS hat mit einer deutsch-französischen Studienfreundschaft begonnen. Harald Kosch war nach seinem Vordiplom an der TU München im Jahr 1990 zuerst an die Université Claude Bernard in Lyon gewechselt und promovierte 1997 an der dortigen Ecole Normale Supérieure. Sein Doktorvater war Lionel Brunie, heute Professor für Informatik am INSA. Die beiden wurden Freunde, blieben stets in Kontakt und weiteten ihre Freundschaft zu einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit aus. „Dass das so gekommen ist, liegt auch an vielen Zufällen“, sagt Kosch. „Wären wir in die Wirtschaft gegangen, wäre IRIXYS wohl nicht entstanden. Dass wir beide an einer Hochschule arbeiten, hat uns diese Möglichkeit erst gegeben.“

Inzwischen ist IRIXYS nicht nur Mitglied der European Alliance on Artificial Intelligence, sondern hat außerdem ein großes Partnernetzwerk an Institutionen und Unternehmen aus Bayern, Deutschland und der ganzen Welt aufgebaut. Dazu gehören verschiedene weitere Hochschulen ebenso wie Konzerne wie Siemens, Atos und die ZF Friedrichshafen AG, die jeweils Standorte in den beteiligten Städten haben.

Maschinelles Lernen gegen Betrügereien

Dass der Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft funktioniert, zeigen Beispiele aus der Praxis, wo die Forschung bereits Eingang gefunden hat. So untersucht das Team um Prof. Dr. Kosch, wie mit Hilfe von Methoden des maschinellen Lernens Betrügereien etwa bei Bankgeschäften aufgedeckt werden können. Atos, einer der führenden Anbieter für digitale Services, entwickelt daraus Lösungen für seine Kundschaft. Daran beteiligt ist auch der Passauer PhD-Student Mathieu Garchéry. Auf der Summer School in Passau erklärte er dem Publikum, wie Atos dabei vorgeht.

Es bestand ein Wunsch nach einem intensiven Austausch zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik rund um digitale Innovationen. 

Axelle Cheney, Koordinatorin am Lehrstuhl für Informatik mit Schwerpunkt Verteilte Informationssysteme

Telemedizin gegen Ärztemangel

Ein weiteres Beispiel ist das Telemedizin-Projekt ProKimedO. Ziel war es, eine flächendeckende Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen im östlichen Niederbayern sicherzustellen – eine ländliche Region, die mit Ärztemangel kämpft. Die Forschenden entwickelten gemeinsam mit der Kinderklinik Dritter Orden in Passau und anderen Praktizierenden eine Wissensdatenbank für pädiatrische Fachkräfte. Immer aktiv eingebunden: die Doktorandinnen und Doktoranden.

Kreative Lösungen im Bereich KI und Digitalisierung

IRIXYS ermöglicht Anknüpfpunkte zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, deren Vorteile sich auch weit über die Grenzen der Arbeitszimmer erstrecken. Das internationale Forschungsnetzwerk bietet dem Nachwuchs die Chance, seine Forschung für praxisrelevante Fragestellungen voranzutreiben. Die Regionen und die Unternehmen wissen es zu schätzen, dass sie über das Netzwerk auf kreative Köpfe aus drei Ländern zugreifen können. Für Prof. Dr. Kosch ist gemeinsames Handeln und Austausch über Grenzen hinweg der beste Weg, um Lösungen im Bereich KI und Digitalisierung voranzutreiben. „Ich bin überzeugt davon, dass wir nur gemeinsam erfolgreich sein können. Die Voraussetzungen und das Wissen sind da, wir müssen es nur nutzen – und das tun wir“, sagt Kosch.

Nicola Jacobi ist Mitarbeiterin im Bereich Wissenschaftskommunikation im Hochschulverbund Transfer und Innovation Ostbayern (TRIO).

Promotionskolleg „Multimedia, Distributed and Pervasive Secure Systems“

Beteiligte Universitäten
Universität Passau, INSA Lyon (Frankreich), Università degli Studi di Milano (Italien)

Zwei Doktortitel – „Cotutelle de thèse“
Möglichkeit von deutsch-französischen und französisch-italienischen Doppelpromotionen 

Forschungsthemen
Big Data, Internet of Things, Sicherheit im Bereich Cloud Computing

Voraussetzungen

  • Überdurchschnittlich abgeschlossenes Hochschulstudium mit Informatik-Schwerpunkt; kein bereits gescheitertes Promotionsverfahren; positive Rückmeldung des Direktoriums der MDPS
  • Gute Sprachkenntnisse in Englisch; Kenntnisse in Französisch und/oder Deutsch wünschenswert
  • Bevorzugt werden Absolventinnen und Absolventen des Doppelmasters im Bereich Informatik, Information und Kommunikation

 

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