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REALiGN-HD: Genom-Chirurgie am Menschen

REALiGN-HD: Genom-Chirurgie am Menschen

Die Anwendung der CRISPR/Cas9-Technik am Menschen kommt einer "Genom-Chirurgie" gleich: Sie könnte schwere Erbkrankheiten quasi direkt aus dem menschlichen Genom herausschneiden. Juristinnen und Juristen der Universität Passau beleuchten in einem interdisziplinären Forschungsteam rechtliche Aspekte.

Die CRISPR/Cas9-Technik gilt als große Hoffnung der Gentherapie. Sie ist eine Art molekulare Schere, die an ausgewählten Positionen im Genom von Zellen gezielt und punktgenau DNA-Brüche erzeugen kann. So kann das krank machende Gen herausgeschnitten, verändert oder durch ein anderes, "heilendes" Gen ersetzt werden.

Medizinerinnen und Mediziner nutzen bereits andere Techniken der Genomeditierung, um Stammzellen genetisch zu verändern. Die CRISPR/Cas9-Technik wäre noch präziser, kostengünstiger und zeitsparender. Es handelt sich um die bislang vielversprechendste Technik der Genomeditierung, die auf eine Vielzahl von Zellen und Organismen anwendbar wäre. Beim Menschen etwa wäre ein Einsatz denkbar, um schwere erbliche Erkrankungen zu heilen. Defekte Gene könnten so beispielsweise in Einzell-Embryonen im Vorkern- oder Zygotenstadium repariert werden. In Deutschland verbietet das Embryonenschutzgesetz darauf gerichtete Experimente an Embryonen.

Ethisch reflektierter rechtlicher Rahmen 

Die Technik wirft vielfältige Fragestellungen auf - neben naturwissenschaftlichen auch ethische und rechtliche. Ein interdisziplinäres Forschungsteam untersucht diese im Rahmen des Forschungsprojektes REALiGN-HD (Revisited Ethical And Legal Concepts For Precise Genome Engineering Approaches of Hereditary Diseases).

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Entwicklungs- und Stammzellbiologie, Medizin, Ethik und Recht arbeiten in dem Projekt intensiv zusammen. Ziel ist es, einen ethisch reflektierten rechtlichen Rahmen zu erarbeiten, der als Basis für die Gesetzgebung insbesondere im Bereich der Gentherapie beim Menschen dienen kann.

Beteiligt ist auch der Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Passau von Prof. Dr. Hans-Georg Dederer. Unter seiner Leitung klären Juristinnen und Juristen zunächst die rechtliche Einordnung von Zelltransplantaten aus genomeditierten iPS-Zellen sowie von genomeditierten menschlichen Ein-Zell-Embryonen. Im Weiteren sollen die regulatorischen Anforderungen für iPS-Zell-basierte und embryobasierte Therapien untersucht werden.

Recht auf bioinformationelle Selbstbestimmung

Dabei wird es voraussichtlich auch auf das Recht der Patientinnen und Patienten auf bioinformationelle Selbstbestimmung ankommen. Denn dieses könnte mit den regulatorischen Anforderungen des Arzneimittelrechts an Sicherheit, Qualität und Effektivität der Zelltransplantationen aus iPS-Zellen kollidieren. Zu deren Nachweis müssen unter Umständen umfassende, mit Big-Data-Anwendungen analysierte, patientenspezifische Datenbestände zu den iPS-Zellen vorgelegt werden. Dadurch würden die Behörden Zugang zu gewaltigen Mengen an Biodaten bekommen, deren sichere Anonymisierung sich wohl nicht gewährleisten lässt.

Mit Hilfe dieser Analysen und unter Berücksichtigung rechtlicher Konzepte in anderen Ländern entwickeln sie einen Leitfaden für den Gesetzgeber wie für Regulierungsbehörden, unter welchen Umständen iPS-Zell-basierte Therapien genehmigt werden sollten und wie mit patientenspezifischen Daten z.B. im Zusammenhang mit arzneimittelrechtlichen Genehmigungsverfahren umgegangen werden sollte. Sie erarbeiten außerdem ein rechtliches Regelwerk zur Genomeditierung mittels CRISPR/Cas9 an menschlichen Embryonen, um auch damit zur gesellschaftlichen Debatte über die Genomeditierung am Menschen beizutragen.

Beteiligte und Förderung 

Prof. Dr. Dr. Thomas Heinemann, Inhaber des Lehrstuhls für Ethik, Theorie und Geschichte der Medizin an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) koordiniert das Forschungsteam. Prof. Dr. Tobias Cantz, Leiter des Exzellenzcluster REBIRTH an der Medizinischen Hochschule Hannover, steuert Erkenntnisse aus der Biomedizin bei. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben.

Projektleitung an der Universität Passau Prof. Dr. Hans-Georg Dederer (Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht)
Laufzeit 01.10.2016 - 30.09.2019
Verlängert bis: 31.12.2020
Mittelgeber
BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung
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