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HumArGam: Ei- und Samenzellen aus der Retorte

HumArGam: Ei- und Samenzellen aus der Retorte

Körperzellen lassen sich zu induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) umprogrammieren, die wiederum in menschliche Ei- und Samenzellen ausdifferenziert werden können. Daraus ergeben sich viele ethische und rechtliche Fragen.

Pluripotent, der Name deutet es bereits an: Die induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) sind Viel-, fast Alleskönner. Aus ihnen lässt sich jeder Zelltyp gewinnen - auch Keimzellen, also Spermien und Eizellen. Die so erzeugten Zellen werden als "artifizielle Gameten" bezeichnet. Sie bieten für Forschung, Therapie und Reproduktion viele Chancen: So könnten neue Behandlungsmöglichkeiten gegen Infertilität gefunden werden.

Zudem werden auch gänzlich neue Reproduktionsmöglichkeiten denkbar. Mit Hilfe neuer Genmodifikationstechnologien, wie der CRISPR/Cas9-Methode, könnten an den Keimzellen oder den zu Keimzellen auszudifferenzierenden Körper- bzw. iPS-Zellen genetische Veränderungen vorgenommen werden. Diese Genmanipulationen würden sich - bei Verwendung der artifiziellen, genmodifizierten Gameten zu Reproduktionszwecken - auf die menschliche Keimbahn und damit auf alle künftigen Generationen auswirken. Daraus ergeben sich zahlreiche biologische, medizinische, rechtliche und ethische Fragen, die bisher noch nicht systematisch und umfassend erforscht worden sind. Jene stellen sich mit Blick auf das besonders hohe Maß an Artifizialität der Gameten, deren umfassende Verfügbarkeit in vitro, ihre spezifische Verwendbarkeit und ihre jederzeitige Manipulierbarkeit.

Expertise aus den Bereichen Biologie, Medizin, Ethik und Recht

Genau diesen Fragen widmet sich ein interdisziplinäres Forschungsteam aus Vallendar, Passau und Hannover im Rahmen des Projekts HumArGam ("Humane artifzielle Gameten. Erzeugung und genetische Veränderung von aus humanen pluripotenten Stammzellen differenzierten Gameten und ihre ethische und rechtliche Bewertung"). Ziel ist es, möglichen Regulierungsbedarf für die Erzeugung, Verwendung und Modifizierung artifizieller humaner Gameten zu identifizieren und einen normativ reflektierten Handlungsrahmen für den Umgang mit artifiziellen menschlichen Keimzellen als Grundlage politischer Entscheidungsfindung zu entwickeln.

Passauer Juristinnen und Juristen analysieren rechtliche Einordnung

Beteiligt sind auch Juristinnen und Juristen der Universität Passau. Sie analysieren die rechtlichen Aspekte - und zwar im direkten Austausch mit den Erkenntnissen aus den ethischen und biologisch-medizinischen Teilprojekten. Im Zusammenhang mit der Erzeugung, Verwendung und genetischen Veränderung artifizieller Ei- und Samenzellen zu Zwecken der Forschung, Therapie und Reproduktion stellen sich Fragen auf verfassungsrechtlicher wie einfachgesetzlicher Ebene. Zu den verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen, die betroffen sind und in die juristische Bewertung artifizieller Gameten einfließen, gehören namentlich die Menschenwürdegarantie, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die reproduktive Selbstbestimmung. Zu den einschlägigen Gesetzen zählen insbesondere das Embryonenschutzgesetz (ESchG) und das Arzneimittelgesetz (AMG), ferner das Patentgesetz (PatG), nicht zuletzt aber auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mit seinen familienrechtlichen Vorschriften.

Die Juristinnen und Juristen wollen die momentane Rechtslage aufzeigen und geeignete Reformvorschläge entwickeln. In die Bewertung fließen auch ausländische Regelungskonzepte und Instrumente des internationalen Rechts ein. Die Ergebnisse werden in Veröffentlichungen und auf Tagungen präsentiert.

Beteiligte und Förderung

Prof. Dr. Dr. Thomas Heinemann, Inhaber des Lehrstuhls für Ethik, Theorie und Geschichte der Medizin an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV), koordiniert das Vorhaben und leitet das philosophische Teilprojekt (mehr dazu). Prof. Dr. Hans-Georg Dederer, Inhaber des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht, leitet das juristische Teilprojekt an der Universität Passau. Prof. Dr. Tobias Cantz, Leiter des Exzellenzclusters REBIRTH an der Medizinischen Hochschule Hannover, steuert Erkenntnisse aus der Stammzell- und der Molekularforschung bei. Das Projekt erhält Fördermittel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Die Laufzeit beträgt drei Jahre.

Projektleitung an der Universität Passau Prof. Dr. Hans-Georg Dederer (Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, Völkerrecht, Europäisches und Internationales Wirtschaftsrecht)
Laufzeit 01.06.2016 - 31.05.2019
Website http://www.jura.uni-passau.de/dederer/bmbf-projekte/bmbf-projekt-iii/
Mittelgeber
BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung
BMBF - Bundesministerium für Bildung und Forschung
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