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Wie Wissenschaft bei künftigen Führungskräften Gehör findet

Wir durften Forscherinnen und Forscher aus der ganzen Welt in Passau willkommen heißen, um mit ihnen über folgende Frage zu diskutieren: Wie bilden wir Führungskräfte aus, die in einer zunehmend instabileren Welt zurechtkommen müssen? Von Prof. Dr. Andreas König und Dr. Lorenz Graf-Vlachy

Im Juni haben wir weltweit führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem Bereich Top-Management-Forschung zum 10. „EIASM Workshop on Top Management Teams and Business Strategy Research” zu uns an die Universität Passau eingeladen. Organisator des Workshops war neben uns das European Institute for Advanced Studies in Management (EIASM), ein Wissenschaftsnetzwerk mit Hauptsitz in Brüssel.  

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Der diesjährige Workshop drehte sich vor allem um die Frage, wie Führung in einer instabilen Welt aussehen kann und wie wir als Forscherinnen und Forscher unsere Erkenntnisse in der Praxis stärker sichtbar machen können. Eine ganz persönliche Zusammenstellung von Erkenntnissen aus unserer Panel-Diskussion, Gesprächen und Vorträgen:

Freuen bei Ideen-Klau. Dieser Rat stammt von Donald  C. Hambrick. Er ist Begründer der Upper-Echelons-Forschung, einer der wichtigsten Forschungsrichtungen der Managementwissenschaften, und damit einer der „Superstars“ des Felds. Außerhalb der Wissenschaftswelt ist sein Name weniger bekannt, seine Managementtheorien dafür umso mehr. In Passau verriet er uns, dass er seine Konzepte immer wieder in Büros von CEOs findet, allerdings nicht notwendigerweise unter seinem eigenen Namen. Vielmehr greifen andere Autorinnen und Autoren seine Ideen auf, ohne transparent zu machen, woher sie stammen. Einmal habe er sogar Grafiken aus seine Vorlesungen in einer Präsentation wiedererkannt. Hambrick rät in diesen Fällen zu Gelassenheit und Freude. Letztlich zeuge all dies von der Verbreitung der eigenen Ideen.

Video-Impressionen aus dem Workshop

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Skepsis gegenüber der Wissenschaft mit klarer Sprache begegnen. Darin waren sich unsere Panel-Teilnehmenden einig und auch hier dient Professor Hambrick als Vorbild. Denn er ist ein Ausnahme-Autor, der über eine sprachliche Klarheit verfügt, die in der Wissenschaft selten ist. „Insbesondere narzisstische Führungskräfte prahlen in der heutigen Zeit damit, nicht zu lesen“, sagte Hambrick. Umso wichtiger sei es, eine Sprache zu finden, welche die Praktikerinnen und Praktiker erreicht. Allerdings sei dies eine Gratwanderung. Denn bei Vereinfachung gehen Informationen verloren – was wiederum die Skepsis gegenüber Wissenschaft stärkt. Hambricks Fazit: „Wir müssen uns bemühen, unsere Forschung zu übersetzen. Wir dürfen es aber nicht übertreiben.“

Sich der Wirkung von Theorien bewusst werden. Unser Keynote-Speaker Tim Quigley, Associate Professor an der University of Georgia, machte deutlich, wie sehr der jeweilige Zeitgeist Führungskräfte formt. Gier sei in den 1980er Jahren regelrecht gefeiert worden. Quigley erklärte, wir Forscherinnen und Forscher müssten uns der Bedeutung von Theorien bewusstwerden. Wir beschreiben damit schließlich nicht nur die Wirklichkeit, sondern wir formen sie auch.

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Künftig braucht es Führungskräfte, die Entscheidungen nicht mit Blick auf kurzfristigen Profit treffen, sondern gesellschaftliche und ökologische Folgekosten einberechnen. Wir brauchen neue Theorien, die dieses Umdenken anstoßen. In unserem Video bringt Tim ein eindringliches Beispiel, mit dem er versucht, seine Studierenden auf dieses neue Denken vorzubereiten.

Keine Scheu, verrückte Ideen zu äußern. Panel-Teilnehmerin Tine Buyl, Assistant Professor of Organization Studies an der niederländischen Universität Tilburg, verrät in unserem Video, dass sie in unserem Workshop ganz besonders von den Ideen der Teilnehmenden fasziniert war. Darunter vielleicht auch Ideen, die zunächst verrückt erschienen, aber in Gesprächen mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weiterentwickelt wurden. Jedenfalls hatten die Forscherinnen und Forscher in unserem Workshop keine Angst, solche Ideen zu äußern. Wir brauchen sicher noch mehr solcher Veranstaltungen, in denen eine solch offene Gesprächskultur herrscht.

Bei Studierenden Begeisterung für Wissenschaft wecken. Albrecht Enders, Professor für Strategie und Innovation und Vizepräsident für Innovation am IMD, einer weltweit führenden Business School in Lausanne, Schweiz, lässt Top Manager ein dreiwöchiges Programm durchlaufen, in dem er ihnen auch die grundlegende Arbeitsweise und Sprache der Wissenschaft beibringt. „Ich frage meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Beispiel gerne: Wie würden Sie denn den Narzissmus von Führungskräften messen? Das löst einen Aha-Effekt aus: Das ist interessant, aber gar nicht so einfach.“ Zum einen wecke es Interesse und zum anderen Verständnis für unsere Arbeit.

Letzteres ist aus unserer Sicht im digitalen Zeitalter eine Schlüsselqualifikation: Ein Grundverständnis für wissenschaftliches Arbeiten entscheidet mit über Erfolg und Misserfolg von Führungskräften. Denn die Wissenschaft liefert Kompetenzen, um Unternehmen durch den digitalen Umbruch zu steuern und die richtigen Schlüsse aus Daten zu ziehen. Beschlüsse, die aus dem Bauch heraus getroffen werden, helfen häufig nicht weiter.

Professor Donald C. Hambrick hat im Rahmen einer feierlichen, musikalischen Veranstaltung auf Schloss Neuburg die Ehrendoktorwürde der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät erhalten. 

Prof. Dr. Andreas König

Prof. Dr. Andreas König

forscht zu organisationalem Wandel und Kommunikation von Führungskräften

Wie reagieren etablierte Organisationen und deren Führungskräfte auf digitale Transformation?

Wie reagieren etablierte Organisationen und deren Führungskräfte auf digitale Transformation?

Prof. Dr. Andreas König ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Strategisches Management, Innovation und Entrepreneurship sowie Sprecher des DFG-Graduiertenkolleg 2720: "Digital Platform Ecosystems (DPE)" an der Universität Passau. Seine Forschungsergebnisse werden in weltweit führenden wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht, darunter das Administrative Science Quarterly, der Academy of Management Review und Research Policy.

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