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DFG-Forschungsgruppe 5254/1 „Lasting Learning“: Wie aus Lernen nachhaltiges Wissen wird

DFG-Forschungsgruppe 5254/1 „Lasting Learning“: Wie aus Lernen nachhaltiges Wissen wird

Wie muss Wissen vermittelt werden, damit es lange erhalten bleibt und flexibel eingesetzt werden kann? Diese Frage steht im Mittelpunkt der DFG-Forschungsgruppe „Lasting Learning“. Sprecher ist der Würzburger Psychologe Professor Tobias Richter. Beteiligt ist auch ein Team der Universität Passau unter der Leitung von Professorin Judith Schweppe. 

Viele kennen das Phänomen aus ihrer Schul- oder Studienzeit: Kurz vor der Prüfung wird auf Teufel kommt raus gelernt, kurz nach der Prüfung ist ein Großteil des Gelernten wieder vergessen. „Bulimielernen“ nennen manche dieses Verhalten auch – und eines ist klar: Besonders nachhaltig ist diese Form des Lernens nicht.

Wie es anders geht, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit Lernen nachhaltiges Wissen erzeugt, auf das man noch lange zugreifen kann: Mit diesen Fragen beschäftigt sich eine Forschungsgruppe, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ab Oktober mit etwa vier Millionen Euro vier Jahre lang fördert. Die Forschenden wollen einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung effektiver Lehr-Lernszenarien und einer Theorie des nachhaltigen Lernens in Bildungskontexten leisten.

Sprecher der Gruppe ist Professor Tobias Richter, Inhaber des Lehrstuhls für Psychologie IV der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Beteiligt sind Forscherinnen und Forscher der Universitäten Passau, Kassel, Bochum, Duisburg-Essen, Freiburg, Gießen, Osnabrück, Tübingen und der TU München.

Wenig Forschung zum nachhaltigen Lernen

„Vieles von dem, was in der Schule gelernt wird, kann bereits nach relativ kurzer Zeit nicht mehr aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen werden. Wir verstehen nachhaltiges Lernen als eine Form des Lernens, das einem schnellen Vergessen des erworbenen Wissens entgegenwirkt und Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt, das erworbene Wissen auch später noch anzuwenden“, beschreibt Richter den Forschungsgegenstand. Im Idealfall bleibe dieses Wissen ein Leben lang erhalten. „Es gibt leider kaum systematische Forschung – geschweige denn eine umfassende Theorie -, aus der sich Empfehlungen ableiten ließen, wie Lernen und Unterricht in der Schule gestaltet werden sollen, um nachhaltiges Wissen zu schaffen“, sagt Richter.

„Wünschenswerte Erschwernisse“ beim Lernen

Die Forschungsgruppe soll nun dazu beitragen, diese Wissenslücke zu schließen. Dafür stützt sie sich auf ein Rahmenmodell, das die Forschung zu „wünschenswerten Erschwernissen“ beim Lernen mit dem Prinzip des „sinnvoll eingebetteten Lernens“ verbindet. Dabei konzentriert sie sich auf folgende drei wünschenswerte Erschwernisse, die zwar kurzfristig das Lernen erschweren, aber langfristig das Behalten und den Transfer des Gelernten fördern:

  • Beim verteilten Lernen werden Übungen und Wiederholungen des Lernstoffs auf mehrere Lernphasen verteilt, statt den Stoff am Stück zu lernen.
  • Verschachteltes Lernen bedeutet, dass unterschiedliche Inhalte abwechselnd im Unterricht behandelt werden und nicht, wie üblich, in Form thematisch abgeschlossener Blöcke.
  • Beim Training des Abrufs werden Übungstests zum Beispiel in Form von Abfragen schon in der Lernphase genutzt, um Gedächtnisinhalte zu stärken und langfristig verfügbar zu machen.

Über das Teilprojekt der Universitäten Passau und Kassel

An dem letzten Punkt setzt das Teilprojekt „Der Testungseffekt und die Komplexität des Lernmaterials“ der Universitäten Passau und Kassel an. Prof. Dr. Judith Schweppe (Universität Passau) und Prof. Dr. Ralf Rummer (Universität Kassel) widmen sich der Frage, ob und unter welchen Bedingungen der aktive Abruf von Lerninhalten aus dem Langzeitgedächtnis auch dann lernförderlich ist, wenn es sich bei dem Lernmaterial um komplexe Texte handelt. „Ein Beispiel für den Einsatz dieser Lerntechnik ist etwa das Vokabellernen. Da beginnen wir ja schon sehr früh, Gelerntes aus dem Gedächtnis abzurufen“, erklärt Prof. Dr. Schweppe, Inhaberin der Professur für Psychologie mit Schwerpunkt Lehren und Lernen mit digitalen Medien an der Universität Passau. „Wir untersuchen in einer Reihe von Feldexperimenten an Gymnasien, ob diese Form des Lernens auch nützlich ist, wenn es etwa um komplexe Texte im Deutschunterricht geht.“ Bei der Erstellung geeigneten Lernmaterials arbeiten Prof. Dr. Schweppe und Prof. Dr. Rummer innerhalb der Universität Passau eng zusammen mit dem Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur unter der Leitung von Prof. Dr. Markus Pissarek.

Das Teilprojekt der Universitäten Passau und Kassel ist eines von insgesamt acht, in denen Forschende aus verschiedenen Disziplinen die kognitiven Grundlagen des nachhaltigen Lernens und seine wirksame Umsetzung im Unterricht zu untersuchen. Beteiligt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Psychologie, Erziehungswissenschaft und Fachdidaktiken.

Mehr Informationen:

Projektleitung an der Universität Passau Prof. Dr. Judith Schweppe (Professur für Psychologie mit Schwerpunkt Lehren und Lernen mit digitalen Medien)
Laufzeit 01.10.2022 - 30.09.2026
Mittelgeber
DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft > DFG - Sachbeihilfe
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