Zum Inhalt springen

"Die akademischen Debatten lassen mich intellektuell reifen"

Eine PICAIS-Stipendiatin erforscht digitale Entwicklungen in Übergangsdemokratien in Südostasien. Ein Gespräch über Flüsse - reale und digitale - und die möglichen Folgen einer liberalen Öffnung. 

Ruderboot auf dem Inn nahe Passau-Ingling.

Südostasien war lange ein leuchtendes Beispiel dafür, wie sich Demokratien gegen Diktaturen durchsetzen können. Doch seit einigen Jahren gibt es einen gegenläufigen Trend hin zu autoritären Regierungsstilen. Eine Gastwissenschaftlerin am Passau International Center for Advanced Interdisciplinary Studies (PICAIS) untersucht unter der Leitung von Wolfram Schaffar, Professor für Entwicklungspolitik an der Universität Passau, wie durch digitale Entwicklung erworbene Fähigkeiten zu mächtigen autoritären Werkzeugen werden können.

Bhumibol-Brücke in Bangkok, Thailand. Foto: Colourbox

Sie sind von Bangkok, einer Acht-Millionen-Stadt, in die kleine deutsche Grenzstadt Passau mit 50 000 Einwohnern gekommen. Wie war das für Sie?

Passau ist eine malerische, schöne Stadt, ein Touristenziel. Es ist wirklich ein guter Ort, um zur Ruhe zu kommen und sich auf das zu konzentrieren, was man gerade tut. Ich glaube, ich bin hier ziemlich produktiv. Und ich mag die Flüsse wirklich sehr, denn ich bin an einem Fluss geboren. Mein Heimatdorf lag direkt an einem Fluss. Das Wasser bedeutet mir sehr viel.

Welcher ist Ihr Lieblingsfluss in Passau?

Der Inn. Ich mag die Farbe, die selbst im tiefen Winter recht hell ist. Im Winter ist die Wasserfarbe ziemlich dicht und dunkel, aber sonst, im Rest des Jahres, leuchtet er in hellen Grüntönen. Es ist einfach schön, ihn zu überqueren. Ich fahre meistens nicht mit dem Bus, denn ich gehe lieber über die Fußgängerbrücke. Ich habe gelesen, dass die Farbe des Inn von den Alpen kommt, vom Gletscherwasser, der Fluss hat seinen Ursprung in der Schweiz. Ich habe auch erfahren, dass die drei Flüsse in Passau zusammenfließen und dass sie sich in ihren Farben voneinander unterscheiden. Auf der anderen Seite fließt in die Donau ein Fluss, der aus dem Bayerischen Wald kommt. Es ist ein solch einzigartiges Naturschauspiel, so schön.

Fußgängerbrücke über den Inn in Passau, Deutschland.

Warum sind Sie an die Universität Passau gekommen?

Ich habe früher in einem Medienentwicklungsprojekt gearbeitet, das sich auf Länder in Südostasien konzentrierte, in dem wir die Mediensysteme in den beteiligten Ländern verglichen haben, zum Beispiel in Malaysia, Indonesien und Thailand. Damals konnte ich aber nicht nach Passau kommen. Stattdessen haben wir Workshops in meiner Region gemacht, in Malaysia und Thailand.

Was analysieren Sie in Ihrem Forschungsprojekt am PICAIS?

Während der demokratischen Prozesse profitierten die Länder Südostasiens von all dem Wandel und der digitalen Entwicklung, die die internationale Gemeinschaft mit sich brachte, sowie von der vielfältigen kommerziellen Zusammenarbeit und dem Zugang zu neuen Technologien. Aber einige dieser neu erworbenen Technologien entpuppten sich als recht problematisch, als zweischneidiges Schwert, wenn man so will. Man kann sie klug einsetzen, aber auch damit schaden. In meiner Forschung untersuche ich genau dies.

Wie kann man diesen Tendenzen entgegenwirken?

Die Stimme der unabhängigen Medien und von Beobachtungsgruppen muss gestärkt werden. Sie sind der Schlüssel, um sicherzustellen, dass die Menschen Zugang zu unabhängigen Informationen haben. Man muss dafür sorgen, dass die Menschen die Technologie haben, um auf diese Informationen zuzugreifen. Und drittens muss man die Medienkompetenz der breiten Öffentlichkeit verbessern.

Was vermissen Sie an Ihrem Heimatland?

Auf jeden Fall das Essen! Ich bin eine Genießerin. Ich vermisse mein tropisches Gemüse, es ist anders. In einem heißen Land haben wir viel Obst mit saurem Geschmack. Das mag ich sehr. Wir machen zum Beispiel Salat mit saurer Mango, den wir mit Erdnüssen, Zwiebeln und Tofu mischen, das ist mein Lieblingsgericht. Außerdem vermisse ich den Geschmack einer frischen Banane. 

Was werden Sie an Passau und dem Umfeld, das PICAIS bietet, vermissen?

Ich werde die akademischen Debatten vermissen, die deutsche Philosophie, das ist etwas, das ich sehr schätze, ich mag diesen Teil sehr. Dafür danke ich PICAIS und dem derzeitigen Gastgeber, Professor Wolfram Schaffar, der mir bei jedem Schritt meiner Forschungsreise hilft. Diese Umgebung hilft mir zu wachsen und intellektuell zu reifen.  Hier habe ich Zugang zu vielen akademischen Ressourcen. Das Wissen, das ich hier erwerbe, wird nicht nur hier bleiben. Es wird auch in meiner Heimat Anwendung finden.

Prof. Dr. Wolfram Schaffar

forscht zu Demokratisierung und Entdemokratisierung in Südostasien

Wie lässt sich die autoritäre Wende erkennen?

Wie lässt sich die autoritäre Wende erkennen?

Prof. Dr. Wolfram Schaffar hat seit April 2021 den Lehrstuhl für Entwicklungspolitik an der Universität Passau inne. Davor war er unter anderem Professor für Japanologie an der Universität Tübingen und Professor für Politikwissenschaft und Entwicklungsforschung am Institut für Internationale Entwicklung der Universität Wien.

Beim Anzeigen des Videos wird Ihre IP-Adresse an einen externen Server (Vimeo.com) gesendet.

Video anzeigen