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26.01.2022

„,Digital Platform Ecosystems’ – uns alle treibt dieses Thema um“

Interdisziplinär, international, innovativ: Prof. Dr. Jan Krämer und Prof. Dr. Andreas König erklären im How-to-Wiwi-Podcast, was die Doktorand*innenausbildung im neuen DFG-Graduiertenkolleg von anderen Qualifikationskonzepten abhebt. 

Prof. Dr. Jan Krämer (links) und Prof. Dr. Andreas König im Gespräch.

Der Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Jan Krämer (links) und der Management-Forscher Prof. Dr. Andreas König sind Sprecher des neuen DFG-Graduiertenkollegs 2720 „Digital Platform Ecosystems (DPE)“  an der Universität Passau. Im How-to-Wiwi-Podcast (zur Folge auf Spotify) der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät stellen sie das Kolleg vor. Wir dokumentieren Auszüge aus dem Gespräch.

Andreas König: Jan, worum geht es in unserem Graduiertenkolleg „Digital Platform Ecosystems“?

Jan Krämer: Digitale Plattformen sind ein Kern-Phänomen der digitalen Ökonomie. Wir kennen diese Plattformen und nutzen sie täglich, wie Google Search, Booking.com, Airbnb oder Uber. Es gibt aber auch B2B-Plattformen in der Industrie, die nicht so bekannt sind. Das entscheidende Phänomen bei digitalen Plattformen ist, dass sie ein Ökosystem um sich herum bilden. Da gibt es zunächst die Unternehmen, die sich der Plattform affiliieren, also beispielsweise diejenigen, die auf Airbnb eine Unterkunft anbieten, Taxifahrer bei Uber, Hotels auf Booking.com oder Seller auf Amazon. Auf der anderen Seite stehen die Nutzer*innen, die mit diesen Plattformen interagieren und auch über die Plattformen womöglich algorithmisch gesteuert werden hin zu bestimmten Inhalten, zu bestimmten Angeboten. Wir wollen uns der Frage des Datenaustauschs mit digitalen Plattformen widmen, sowohl seitens der Nutzer*innen mit der Plattform, als auch von Unternehmen mit der Plattform.

Dann gibt es aber auch traditionellere Unternehmen, beispielsweise BMW oder Audi, die mehr plattformbasierten Unternehmen wie Tesla gegenüberstehen, und die damit in den Einflussbereich eines solchen Plattform-Ökosystems kommen, ihre Strategien umstellen und ihr Geschäftsmodell neu aufstellen müssen. Es gibt aber auch Entrepreneure, die etwa als Seller auf Amazon starten und dann selber unter Zuhilfenahme des bestehenden Ökosystems der Plattform groß werden können.

Dann, und das ist auch das Besondere unseres Graduiertenkollegs, wollen wir die gesellschaftlichen Implikationen dieses Ökosystems in den Blick nehmen, etwa im urbanen Raum. Im Falle von Airbnb hat das einerseits viele positive Aspekte, etwa dass jetzt Unterkünfte verfügbar sind, die vorher nicht verfügbar waren, es hat aber möglicherweise auch negative Aspekte, dass etwa bestimmte Wohnungen nicht mehr auf den freien Wohnungsmarkt gehen, sondern für Airbnb zurückgehalten werden, was vielleicht zu Gentrifizierung in Städten führt. Zum anderen wollen wir uns auch die Chancen und Risiken von digitalen Plattform-Ökosystemen in Entwicklungsländern anschauen, die natürlich einerseits Unternehmertum stärken können, aber vielleicht auch andere prekäre Beschäftigungsverhältnisse schaffen.

In Brüssel, in den USA, Indien oder Kanada stellt man sich die Frage, wie diese digitalen Plattformen reguliert werden sollen. Reichen die bisherigen Regeln aus und wie sollen neue Regeln gestaltet sein? Diese politischen Diskursdynamiken wollen wir explizit erforschen und in unser Kolleg integrieren. Wir wollen die Diskurse aber nicht nur in unsere Forschung im Kolleg einfließen lassen, sondern mit unserer Forschung auch zu diesen Diskursen beitragen.

Prof. Dr. Jan Krämer

Prof. Dr. Jan Krämer

forscht zur Plattform-Ökonomie und zur Regulierung des Internets

Welche Rahmenbedingungen schaffen Wettbewerb und Innovation im Internet?

Welche Rahmenbedingungen schaffen Wettbewerb und Innovation im Internet?

Prof. Dr. Jan Krämer ist Inhaber des Lehrstuhls für Internet- und Telekommunikationswirtschaft und Sprecher des DFG-Graduiertenkollegs 2720: "Digital Platform Ecosystems (DPE)" an der Universität Passau. Er ist zudem Joint Academic Director am „Centre on Regulation in Europe“ (CERRE), einem Think Tank mit Sitz in Brüssel. 

Andi, was ist aus Deiner Sicht das Besondere an unserem Graduiertenkolleg?

Andreas König: Zu einer Frage haben wir uns besonders viele Gedanken gemacht – und zwar:  Wie können wir ein strukturiertes Doktorand*innenprogramm so entwickeln, dass es sich von anderen Qualifikationskonzepten für Nachwuchswissenschaftler*innen abhebt? Da fallen erst einmal zwei Dinge auf: Erstens bietet DPE eine fachliche Spezialisierung an, aber gleichzeitig können sich die Doktorand*innen auch interdisziplinär öffnen und gemeinsam mit anderen Disziplinen zusammenarbeiten. Für Nachwuchsforschende, die eine akademische Karriere anstreben, ist es ja ganz wichtig, sich fachlich zu fokussieren und in einem speziellen Feld heimisch zu werden. Dafür gestalten wir ein individuelles Curriculum. Wir haben viele Veranstaltungen oder auch Aufenthalte im Ausland, die es den Promovend*innen ermöglichen, sich in ihrer Fachcommunity zu verankern und zu etablieren. Auf der anderen Seite haben wir viele interdisziplinäre Bestandteile in unserem Programm, also verschiedene Möglichkeiten, innerhalb unserer Gruppe, aber auch mit der Gesellschaft, Verbindungen aufzubauen. Das wiederum, so hoffen wir zumindest, wird zu besonders neuen Forschungsergebnissen führen. Zweitens fördert DPE in ganz besonderer Weise die internationale Vernetzung der Kollegiat*innen, die wir dadurch fördern, dass wir ihnen ein Tandem an Betreuer*innen aus unserem Kreis sowie einem oder einer führenden Forscher*in aus dem Ausland zur Seite stellen. Zudem vergeben wir von der DFG geförderte Mercator Fellowships, mit denen wir Spitzenforschende aus dem Ausland zu uns nach Passau holen, die sich sehr aktiv und persönlich beteiligen werden. Auch die Promovend*innen selbst bekommen die Möglichkeit, im Rahmen eines von der DFG geförderten dreimonatigen Auslandsaufenthalts die internationale Forschung zu erleben.

Prof. Dr. Andreas König

Prof. Dr. Andreas König

forscht zu organisationalem Wandel und Kommunikation von Führungskräften

Wie reagieren etablierte Organisationen und deren Führungskräfte auf digitale Transformation?

Wie reagieren etablierte Organisationen und deren Führungskräfte auf digitale Transformation?

Prof. Dr. Andreas König ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Strategisches Management, Innovation und Entrepreneurship sowie Sprecher des DFG-Graduiertenkolleg 2720: "Digital Platform Ecosystems (DPE)" an der Universität Passau. Seine Forschungsergebnisse werden in weltweit führenden wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht, darunter das Administrative Science Quarterly, der Academy of Management Review und Research Policy.

Jan, warum sollten sich Studierende, die eine Promotion anstreben, bei uns bewerben?

Jan Krämer: Zum einen ist Passau ein toller Standort, um eine Promotion anzugehen. Wir haben ganz exzellente Forschende, die international auf Top-Niveau publizieren und forschen. Das macht natürlich Spaß, da mitzuarbeiten. In dem Graduiertenkolleg haben wir die Kompetenz der Beteiligten gebündelt zu einem speziellen Thema. Uns alle treibt dieses gemeinsame Thema um und das ist natürlich etwas Besonderes. Denn normalerweise promoviert man an einem Lehrstuhl und hat sein Thema. Bei uns sind es 22 Doktorand*innen, die gleichzeitig an einem gemeinsamen Thema forschen.

Andreas König: Du hast ja auch selber Erfahrung als Graduiertenkollegiat gesammelt.

Jan Krämer: Genau, ich habe selber in einem Graduiertenkolleg promoviert, auch zu digitalen Märkten, und war danach dort viele Jahre als geschäftsführender Post-Doc tätig. Ich habe da also mehrere Doktorand*innen-Generationen miterlebt und -begleitet und das war eine ganz tolle Erfahrung. Das war ebenfalls ein interdisziplinäres Kolleg, an dem neben Jura und Informatik auch BWL und VWL beteiligt waren. Das hat mich wissenschaftlich enorm geprägt und dazu geführt, dass ich heute interdisziplinär forsche. Genau diesen Geist wollen wir auch in unserem Graduiertenkolleg hier in Passau vorantreiben und leben.

Im Video: Prof. Dr. Krämer und Prof. Dr. König über ihre akademische Karriere

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Jan Krämer: Wir gehen in der Promovierenden-Ausbildung, die bei uns ohnehin schon super ist, nochmals neue Wege. Das Format des Graduiertenkollegs erlaubt es, neue Möglichkeiten auszuprobieren, wie eben einen verpflichtenden Auslandsaufenthalt; es erlaubt es auch, viele internationale Gäste herzuholen. Zudem ist das Thema des Kollegs so aktuell, weitreichend und wichtig, dass es eben nicht nur auf eine wissenschaftliche Karriere vorbereitet. Diese steht zwar im Graduiertenkolleg im Vordergrund, doch die Forschung prägt und bereitet auch für den Arbeitsmarkt danach, außerhalb der Uni, exzellent vor. Und letztlich fügt sich das Kolleg natürlich ganz wunderbar in die Gesamtstrategie der Universität ein, die auf drei Säulen steht – Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Europa. Alle drei Säulen bilden wir auch im Kolleg ab, aber insbesondere widmen wir uns eben den gesellschaftlichen Implikationen der Digitalisierung. Es gab an der Universität Passau bereits ein DFG-Graduiertenkolleg zum Thema Privatheit, angesiedelt zwischen der Philosophischen Fakultät und der Juristischen Fakultät. Und jetzt haben wir mit unserem Graduiertenkolleg, das den Schwerpunkt an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät hat und an dem auch die Philosophische Fakultät beteiligt ist, dieses Alleinstellungsmerkmal übernommen.

Andreas König: Es liegt uns am Herzen, dass das Graduiertenkolleg eine Gemeinschaft ist. Nicht nur für die Doktorand*innen im Kolleg, sondern auch für die Studierenden, die wir als Research Students aktiv in unsere Forschung einbinden. Und das Thema des Kollegs wird für die heutige Studierenden-Generation besonders relevant sein. Wie gesagt, digitale Plattformen sind eins der zentralen Phänomene, die unsere Gesellschaft — insbesondere hier in Europa — bereits jetzt enorm prägen und sicherlich noch weiter prägen werden. Themen wie Nachhaltigkeit, Privatheit und Freiheit sind damit elementar verbunden, und so haben die Diskurse im Graduiertenkolleg DPE einen direkten Bezug zu vielen anderen zentralen Forschungsthemen an unserer Universität.

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