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Ost- und westdeutsche Unternehmen weitgehend auf Augenhöhe

Aufholbedarf sieht Prof. Dr. Carolin Häussler bei der Aufnahme von Innovationsaktivitäten sowie bei der Einführung von entwickelten Produkten und Diensten in den Markt. Die Passauer Ökonomin ist Mitglied der Expertenkommission Forschung und Innovation, die ihr Jahresgutachten an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben hat.

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) bei der Übergabe des Jahresgutachtens an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. Foto: David Ausserhofer

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) bei der Übergabe des Jahresgutachtens an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. Foto: David Ausserhofer

Das neue Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), das der Bundeskanzlerin in Berlin übergeben wurde, untersucht anlässlich des 30. Jahrestages der deutschen Wiedervereinigung die aktuellen Innovationsleistungen Ostdeutschlands und ihre Entwicklungen über die letzten Jahre – auch im Vergleich zu denen Westdeutschlands. Neben dem Innovationsstandort Ostdeutschland wurden auch die Themen Cybersicherheit und Wissens- und Technologietransfer mit China von der Kommission untersucht und Empfehlungen für die Bundesregierung formuliert.

Innovationen gelten als wichtige Treiber der gesamtwirtschaftlichen Produktivität und damit der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung einer Volkswirtschaft. „Studien zeigen, dass Ostdeutschland den Produktivitätsrückstand gegenüber Westdeutschland seit der Wiedervereinigung deutlich verringern konnte: 1991 betrug die Produktivität in Ostdeutschland rund 45 Prozent des westdeutschen Niveaus, 2018 rund 83 Prozent“, wie der Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Uwe Cantner von der Universität Jena, positiv wertet. Gleichzeitig stellt er fest, dass sich diese Angleichung aber deutlich verlangsamt habe. Hierfür seien vielfältige strukturelle Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland verantwortlich, die nach wie vor vorhanden seien und die sich auch auf die Innovationstätigkeit von Unternehmen auswirkten.

Um den Unterschieden in der Wirtschaftsstruktur zwischen Ost- und Westdeutschland Rechnung zu tragen und so zu einem aussagekräftigen Vergleich zu kommen, wurden nur solche Unternehmen aus Ost und West miteinander verglichen, die ähnliche Strukturmerkmale aufwiesen. Prof. Cantner stellt fest: „Werden nur strukturähnliche Unternehmen miteinander verglichen, so zeigt sich, dass sich die Innovationstätigkeit ostdeutscher Unternehmen in den vergangenen Jahren der Innovationstätigkeit der westdeutschen Unternehmen weitgehend angeglichen hat.“

„Ein klarer Aufholbedarf ostdeutscher Unternehmen besteht hingegen noch bei der Aufnahme von Innovationsaktivitäten und der Einführung von Innovationen in den Markt.“

Prof. Dr. Carolin Häussler, Universität Passau

Wie der Vergleich zeigt, sind ostdeutsche und westdeutsche Unternehmen bei zentralen Innovationsindikatoren nahezu auf Augenhöhe. „So lassen sich zum Beispiel bei der Innovationsintensität und dem Umsatzanteil mit Produktinnovationen strukturangeglichen kaum mehr Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Unternehmen feststellen,“ so Prof. Carolin Häussler von der Universität Passau und Mitglied der Expertenkommission. „Ein klarer Aufholbedarf ostdeutscher Unternehmen besteht hingegen noch bei der Aufnahme von Innovationsaktivitäten und der Einführung von Innovationen in den Markt“, führt sie weiter aus.
 

Prof. Dr. Carolin Häussler

Prof. Dr. Carolin Häussler

forscht zu Zusammenarbeit und Innovation

Wie können wir die Innovationskraft fluider Organisationen nutzen und stärken?

Wie können wir die Innovationskraft fluider Organisationen nutzen und stärken?

Prof. Dr. Carolin Häussler ist seit 2011 Inhaberin des Lehrstuhls für Organisation, Technologiemanagement und Entrepreneurship und DFG-Vertrauensdozentin an der Universität Passau. Sie ist außerdem Projektleiterin im DFG-Graduiertenkolleg 2720: "Digital Platform Ecosystems (DPE)" an der Universität Passau. Sie ist Mitglied der Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung. Mit dem International Center for Economics and Business Studies lockt sie Forscherinnen und Forscher aus aller Welt nach Passau.

Darüber hinaus zeigt die Analyse, dass ostdeutsche Unternehmen im Rahmen ihrer Innovationsprojekte häufiger kooperieren als westdeutsche Unternehmen. Dabei sind ihre Kooperationen allerdings häufiger regional und weniger international ausgerichtet.

Daraus resultieren folgende Empfehlungen der EFI:

  • Eine wichtige Aufgabe der F&I-Politik des Bundes ist es, die Position Deutschlands im globalen Wettbewerb zu stärken. Daher sollte der Fokus der F&I-Politik auch weiterhin auf der Förderung exzellenter Innovationsprojekte in Ost- und in Westdeutschland liegen.
  • Die Expertenkommission begrüßt, dass die Bundesregierung nach Auslaufen des Solidarpakts II von einer besonderen F&I-Förderung ostdeutscher Unternehmen absieht. Sie erachtet eine F&I-Förderung strukturschwacher Regionen für sinnvoll, die sich an regionalen Merkmalen und nicht an Grenzen von Bundesländern orientiert. Auch bei dieser Förderung sollte nach Exzellenzkriterien ausgewählt werden.
  • Darüber hinaus befürwortet die Expertenkommission eine innovationsorientierte Strukturpolitik. Diese fördert etwa über Infrastrukturmaßnahmen die Potenziale strukturschwacher Regionen und soll darüber deren Innovationsbereitschaft und -fähigkeit insgesamt erhöhen.
  • Um mehr Unternehmen in strukturschwachen Regionen zu Innovationsaktivitäten zu motivieren, sollten Unternehmen ohne FuE stärker in die F&I-Förderung integriert werden – auch durch Unterstützung von nicht-technischen und sozialen Innovationen.
  • Die Expertenkommission empfiehlt, die F&I-Politik zukünftig stärker darauf auszurichten, Unternehmen in strukturschwachen Regionen bei der Markteinführung von neuen Produkten und Dienstleistungen zu unterstützen, um so die Innovatorenquote zu erhöhen. Dies gilt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen.
  • Die Expertenkommission erachtet die regionale Vernetzung von Innovationsakteuren als wichtig. Sie regt jedoch an, in der F&I-Förderung ein höheres Gewicht auf überregionale und internationale Kooperations- und Vernetzungsformen zu legen.

Weitere Themen des Gutachtens sind u.a. Cybersicherheit und der Wissens- und Technologieaustausch mit China

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) hat sich in ihrem Jahresgutachten außerdem intensiv mit dem Thema Cybersicherheit und Auswirkungen von Cyberrisiken auf Innovationsaktivitäten sowie mit dem Wissens- und Technologieaustausch zwischen Deutschland und China beschäftigt. Zudem gab die Kommission Empfehlungen für die Hightech-Strategie des Bundes und die Wissenspolitik.

 


Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) mit Sitz in Berlin leistet seit 2008 wissenschaftliche Politikberatung für die Bundesregierung und legt jährlich ein Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vor. Wesentliche Aufgabe der EFI ist es dabei, die Stärken und Schwächen des deutschen Innovationssystems im internationalen und zeitlichen Vergleich zu analysieren und die Perspektiven des Forschungs- und Innovationsstandorts Deutschland zu bewerten. Auf dieser Basis entwickelt die EFI Vorschläge für die nationale Forschungs- und Innovationspolitik.

Quelle: EFI-Geschäftsstelle

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