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Frau Huang, welche Rolle spielt die Pandemie aktuell in den USA?

Die Corona-Pandemie trifft schwarze Menschen in den USA besonders hart. COVID-19 macht den strukturellen Rassismus noch deutlicher, sagt die Historikerin Dr. Viola Huang 

Mich haben in meiner wissenschaftlichen Arbeit schon immer soziale Bewegungen interessiert, vor allem Bewegungen, die den Status Quo hinterfragen und für soziale Gerechtigkeit eintreten – wie die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA. Als Historikerin finde ich es besonders spannend, Brüche und Kontinuitäten zwischen damals und heute herauszuarbeiten und einzuordnen – damit wir die aktuelle Situation besser verstehen können.

Letztlich hat die Pandemie noch deutlicher sichtbar werden lassen, wie sehr vor allem schwarze Menschen in den USA aufgrund von strukturellem Rassismus benachteiligt und diskriminiert werden. Das kann man am gesellschaftlichen Hintergrund der USA ganz gut sehen: Anders als noch vor einigen Jahrzehnten, sind Schwarze und Weiße dort heute vor dem Gesetz gleichgestellt, aber die gesellschaftliche Realität sieht dennoch anders aus.

Zum Beispiel sind arme schwarze Menschen besonders hart von Covid-19 getroffen und sind auch statistisch häufiger daran gestorben. Schon vor der Pandemie war die Arbeitslosigkeit in der schwarzen Bevölkerung im Verhältnis höher; die schwarze Bevölkerung ist aber auch in prekären Beschäftigungsverhältnissen überrepräsentiert, sodass für schwarze Menschen das Risiko, im Zuge der Pandemie den Job und damit oftmals auch ihre Krankenversicherung zu verlieren, ungleich höher ist. Gleichzeitig arbeiten in den Vereinigten Staaten viele People of Colour als „essential workers“, sind also besonders hohen Risiken ausgesetzt, in vielen Bereichen mit nur unzureichenden Schutzmaßnahmen. In Großstädten wie New York wohnen Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner – wie auch z. B. LatinX – verhältnismäßig häufiger in ärmeren, dicht besiedelten Wohnvierteln und dem sozialen Wohnungsbau, wo die Ansteckungsgefahr auch höher sein dürfte.

Die Pandemie hat außerdem die Rolle der Polizei erneut in den Fokus gerückt: Bereits vor den jüngsten Protesten war beispielsweise zu beobachten, dass die amerikanische Polizei schwarze Menschen besonders häufig kriminalisierte und auch gewalttätig behandelte, basierend auf Verstößen gegen die Maßnahmen des Social Distancing. Strukturelle Gewalt ist leider von Anfang an Teil der afroamerikanischen Geschichte gewesen, das hat mit der Sklaverei begonnen und ist zuletzt mit dem auf Video festgehaltenen Mord an George Floyd einmal mehr überdeutlich sichtbar geworden."

Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe 01/2020 des Campus Passau Magazin

https://www.digital.uni-passau.de/typo3/index.php?route=%2Fmain&token=860a440a4e768dfa26e5dfee18094fa5915f2fe9

Dr. Viola Huang

forscht zu sozialen Bewegungen in den USA

Was können wir aus Brüchen und Kontinuitäten in der US-Geschichte lernen und auf die Gegenwart übertragen?

Was können wir aus Brüchen und Kontinuitäten in der US-Geschichte lernen und auf die Gegenwart übertragen?

Die Historikerin Dr. Viola Huang (Ph. D. , Columbia University Teachers College) ist Mitarbeiterin an der Professur für Didaktik der Geschichte und im interdisziplinären Projekt SKILL.de. Sie betreibt einen Blog, in dem sie aktuelle Debatten um rassistische Gewalt aufgreift und historisch einordnet.

Haben Sie Fragen zu dem Thema? Schreiben Sie uns: frag-die-wissenschaft@uni-passau.de - Wir leiten Ihre Fragen an Frau Dr. Huang weiter und veröffentlichen an dieser Stelle zeitnah ihre Antworten.

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