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"Eine gewaltige Aufgabe, bei der wir bereits Fortschritte erzielen konnten"

Gemeinsam mit den ostbayerischen Hochschulen arbeitet die Universität Passau im Verbundprojekt Transfer und Innovation Ostbayern (TRIO) daran, den Wissens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft zu intensivieren. Der Informatiker Prof. Dr. Burkhard Freitag ist der wissenschaftliche Leiter von TRIO. Ein Gespräch über die Vision des Projektes, die Rolle von Transfer und die besondere Verantwortung der Wissenschaft.

Prof. Dr. Burkhard Freitag

Der Informatiker Prof. Dr. Burkhard Freitag im Gespräch über das Verbundprojekt Transfer und Innovation Ostbayern (TRIO).

Herr Professor Freitag, welches Resümee ziehen Sie nach dem ersten Jahr des Verbundprojekts TRIO?

Prof. Dr. Burkhard Freitag: Wir sind immer noch hoch erfreut, dass wir das Projekt gemeinsam gewinnen konnten. TRIO ist ein Projekt von sechs Hochschulen und rund 30 neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. In unserer heterogenen Hochschullandschaft hat sich jede Hochschule ganz individuell entwickelt. Da wir in TRIO beim Thema Transfer eine Harmonisierung der Vorgehensweisen und eine Vereinheitlichung der Strukturen erreichen wollen, geht es im ersten Schritt darum, das Handeln der Hochschulen zu koordinieren. Das ist eine gewaltige Aufgabe, die wir noch nicht zu Ende gebracht haben, aber bei der wir bereits Fortschritte erzielen konnten. 

Die Hochschulen konkurrieren auf bestimmten Feldern miteinander. Nun haben sie sich in einem Projekt zusammengeschlossen, um zu kooperieren? Was ist der Vorteil?

B. Freitag: Wettbewerb, wenn er wohlverstanden wird und fair abläuft, ist in der Hochschullandschaft nicht unbedingt etwas, das hinderlich ist. Im Gegenteil, er führt dazu, dass man die einzelnen Wettbewerberinnen und -bewerber besser unterscheiden kann und er spornt durchaus auch an. Die Kooperation, die wir in TRIO anstreben, hat mehrere Ebenen. Derzeit finden wir an den Hochschulen ganz unterschiedliche Herangehensweisen an Transfer. Für Unternehmerinnen und Unternehmen, die an die Hochschulen herantreten, kann dies sehr verwirrend und somit ein Hindernis für Innovationen sein, die ja oftmals mit Technologie- und Wissenstransfer zu tun haben. Wir wollen diese Hindernisse auf einer ganz pragmatischen Ebene durch Kooperation und Koordination beseitigen oder zumindest abmildern, um aus der Außensicht als ein Ganzes wahrgenommen zu werden. Auf einer übergeordneten Ebene geht es zudem darum, Wissens- und Technologietransfer noch stärker als ein Tätigkeitsfeld in den Fokus zu rücken, das ebenso akademisches Ansehen und Respekt verlangt und verdient wie Forschung und Lehre. Nicht umsonst wird Transfer auch als „dritte Mission“ oder „dritte Säule“ der Hochschulen bezeichnet. 

Ist Wissens- und Technologietransfer in Ihren Augen heute relevanter als noch vor 20 Jahren?

B. Freitag: Ja. Ich denke, dass es spätestens mit der massiven Globalisierung und Digitalisierung notwendig geworden ist, aus dem eigenen fachlichen Gehäuse herauszukommen. Das, was wir erforschen und entwickeln, muss in einen größeren Kontext gesetzt werden – historisch, politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich. Die Treiber solcher Entwicklungen wie der Digitalisierung sind meistens die Natur- und Technikwissenschaften, aber wie man damit umgeht, ist üblicherweise nicht Gegenstand des Denkens und Tuns dieser Wissenschaften; deshalb brauchen wir gerade auch die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften im Wissenstransfer. Heute sind die Anwendungsmöglichkeiten von wissenschaftlichen Erkenntnissen so vielfältig und ihre Wirkungen so weitreichend, dass sie vom einzelnen Wissenschaftler nicht mehr begrenzt oder gar kontrolliert werden können. Deshalb sehe ich eine große Verantwortung der Wissenschaft, die Ergebnisse der Forschung auch für jene verstehbar zu machen, die nicht in dem jeweiligen wissenschaftlichen Gebiet oder überhaupt im Wissenschaftsbetrieb tätig sind. Darüber hinaus sind auch Modelle für die Beteiligung der Gesellschaft am Wissenstransfer gefragt. 

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Campusdialog mit Prof. Dr. Freitag zum Projekt TRIO

Im Campusdialog informiert die Präsidentin Prof. Dr. Carola Jungwirth Universitätsangehörige und die Öffentlichkeit über wichtige Themen an der Universität Passau. In dieser Folge spricht sie mit Prof. Dr. Burkhard Freitag über das Verbundprojekt Transfer und Innovation Ostbayern (TRIO).

Welchen Transferbegriff vertreten Sie als wissenschaftlicher Leiter des Projektes?

B. Freitag: Ich bin ganz entschieden der Meinung, dass es beim Transfer nicht nur darum gehen kann, technische Lösungen, Rezepte und Werkzeuge zu transferieren, sondern auch darum, Wissen und Kompetenz, die sich vielleicht nicht materiell äußern, weiterzugeben. Deshalb sprechen wir in TRIO auch ganz bewusst von Wissens- und Technologietransfer. 

Mit welchen Maßnahmen soll der Transfer konkret unterstützt werden?

B. Freitag: Wir setzen auch hier an verschiedenen Punkten an. Zum einen wollen wir den Unternehmerinnen und Unternehmern den Kontakt zu den Hochschulen erleichtern. Gerade in Ostbayern gibt es viele kleine und mittlere Unternehmen, die bisher noch keinen Kontakt mit Hochschulen hatten. Die Gründe hierfür sind ganz verschieden. Wir gehen aktiv auf diese Unternehmen zu und versuchen, in Gesprächen etwas über ihre Bedarfe herauszufinden. Auf eine kurze Formel gebracht, ist der Impuls, den wir von Seiten der Hochschulen aussenden wollen: „Wir sind da! Wir sind ansprechbar!“ Zum anderen wollen wir gleichzeitig aber auch die Potentiale an unseren Hochschulen sichtbarer machen. Wir bezeichnen das als „Forschungs-Scouting“. Das heißt, wir wollen klarer erkennbar machen, welche wissenschaftliche Kompetenz wo abgerufen werden kann. 

Der Austausch zwischen den Verbundhochschulen spielt im Projekt eine große Rolle. Spüren sie hier eher Vorbehalte innerhalb der Hochschulen oder findet das Projekt da offene Türen vor?

B. Freitag: Es trifft wohl beides zu. Ich glaube, es gibt eine grundsätzliche Bereitschaft, sich in Richtung eines offeneren Austausches zu bewegen und Kontakte und Kompetenzen zu teilen und gemeinsam zu nutzen. Allerdings spüre ich diesbezüglich auch eine gewisse Vorsicht. Nicht, weil man den anderen irgendwas vorenthalten will, sondern eher, weil man nicht genau weiß, was man preisgeben darf, Stichwort Datenschutz. Um hier größere Sicherheit zu schaffen, ist die juristische Aufarbeitung solcher Fragen eine Teilaufgabe im Projekt. Eine weitere sehr wichtige Aufgabe ist die Harmonisierung der Vorgehensweisen der beteiligten Hochschulen und die Entwicklung von geeigneten Strukturen für ihre Kooperation. 

Was steht im zweiten Projektjahr an? 

B. Freitag: In diesem ersten Jahr haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Vielzahl von Konzepten entwickelt. Dazu werden wir in absehbarer Zeit Beschlüsse fassen, sodass es im zweiten Jahr darum gehen wird, die Konzepte in die Tat umzusetzen und Erfahrungen damit zu sammeln. Viele dieser Konzepte betreffen Formate, mit denen wir nach außen gehen, wie etwa eine jährlich stattfindende Transferkonferenz, Workshops und ein Transfermagazin. Gleichzeitig beschäftigen wir uns auch mit strategischen Prozessen, die nach innen wirken und zum Beispiel unsere Transferstrategie betreffen: Ist unsere Strategie bereits final oder müssen wir hier noch Anpassungen vornehmen? All das wird uns im nächsten Jahr beschäftigen.

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